Jedes Pestizid ist eines zuviel: Zu den Reaktionen der Landwirtschaftsministerin auf die Pressekonferenz des Meco.

Spuren von Ackergiften in Lebensmitteln:
Jedes einzelne Pestizid ist eines zuviel!
Im Luxemburger Wort vom 21. Februar 2025 reagierte Landwirtschaftsministerin Martine Hansen auf die Stellungnahme des Mouvement Ecologique zur Pestizidbelastung von Lebensmitteln.
Einige Aussagen der Ministerin können nicht unkommentiert im Raum stehen gelassen werden.
Bericht vom Mouvement Ecologique irreführend?!
Zitat M. Hansen: „Ein Bericht über Lebensmittelsicherheit, der vergangene Woche vom Mouvement Ecologique veröffentlicht wurde, ist irreführend“.
Diese Aussage vermittelt den Eindruck, als ob der Mouvement Ecologique falsche Angaben gemacht hätte. Fakt ist, die Aussagen basieren auf offiziellen Analysen der ALVA, der Luxemburgischen
Veterinär- und Lebensmittelbehörde.
Sind die Pestizide „harmlos“, da sie überwiegend – wenn auch nicht alle (!) – unter dem legalen Grenzwert liegen?
Zitat M. Hansen: „So habe der Méco beispielsweise Proben aufgelistet, die geringe und für die menschliche Gesundheit unbedenkliche Mengen an Pestiziden enthielten.“
Die Art und Weise wie hier die Tatsache heruntergespielt wird, dass Pestizide in Lebensmitteln eigentlich nichts zu suchen haben und aus gesundheitlicher Sicht eine Nulltoleranz angestrebt werden sollte, ist höchst irritierend.
Sind die Analysen der ALVA nicht repräsentativ?
Zitat M. Hansen: „Die 608 von der ALVA entnommenen Proben seien nicht zufällig ausgewählt worden, sondern zielen auf Produkte ab, die ein höheres Risiko aufweisen, Pestizide zu enthalten.“
Eben! Dies ist nämlich die Vorgabe der EU-Verordnung. Und genau, weil einzelne Lebensmittel (z.B. Erdbeeren, Tomaten, Äpfel) öfter auf Pestizidrückstände hin untersucht werden, geben die Resultate ein gutes Bild über die tatsächliche Pestizid-Belastung dieser Produkte wieder. Des Weiteren ermöglicht dies einen korrekten Vergleich zwischen EU-Ländern, da jedes Land dieselben Produkte untersuchen muss. Und nicht zuletzt: Es handelt sich bei den Produkten um alltägliche Lebensmittel, insofern liegt es auf der Hand, dass sie untersucht werden.
Die Vorzüge von Bio-Produkten kleinreden?
Zitat M. Hansen: „Die Behauptung vom Méco, dass der ökologische Landbau sicherer sei als der konventionelle, berge die Gefahr, dass die beiden Methoden gegeneinander ausgespielt werden.“
Sowohl der europäische Bericht der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wie auch die Zahlen der ALVA belegen eindeutig die weitaus geringere Belastung von Bio-Produkten. Während der EU-Bericht transparent darüber berichtet, wird diese Tatsache den Verbrauchern in Luxemburg vorenthalten.
Mehrfachbelastung kein Thema?
Zitat M. Hansen: „So habe der Méco beispielsweise Proben aufgelistet, die geringe und für die menschliche Gesundheit unbedenkliche Mengen an Pestiziden enthielten.“
Viele der analysierten Lebensmittel weisen oft Rückstände von mehreren Pestiziden gleichzeitig auf. Auch darüber berichtet die EFSA im europäischen Bericht transparent. Doch auch diese Tatsache sucht man im Bericht der ALVA vergeblich. Im Interview erwähnt Ministerin Hansen diesen Umstand ebenfalls mit keinem Wort. Dabei bergen eben die Effekte dieser „Pestizid Cocktails“ Risiken für Gesundheit und Umwelt und werden bisher unzulänglich beachtet.
Wenn also z.B. einzelne Proben von Erdbeeren Rückstände von bis zu 13 verschiedenen Pestiziden enthalten, halten wir es mit der EU-Verordnung: „Es wäre angebracht, der Öffentlichkeit diese Risiken umfassend zu erläutern.“!
Reduktionsziele nicht erreicht … dann senken wir eben den Anspruch!
Zitat M. Hansen: „… im nächsten Plan (PAN-Bio, adR) realistische Ziele festzulegen“.
Dass Bio-Produkte kaum mit Pestiziden belastet sind, wird im Bericht der ALVA irritierender weise nicht angeführt. Anstatt lediglich Ratschläge zu geben Obst und Gemüse vor dem Verzehr gründlich zu waschen, täte die Landwirtschaftsministerin gut daran sowohl den Ausbau von Bio-Produkten voranzutreiben, als auch sich mit all den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Reduktion des Pestizideinsatzes in der konventionellen Landwirtschaft sicherzustellen. Dies sollte mittels Förderprogrammen für eine entsprechende landwirtschaftliche Praxis sowie Forschungsprogramme erfolgen, statt dass die Ansprüche im PAN-Bio oder des Pestizidaktionsplanes gesenkt werden würden!
Angesichts der wissenschaftlichen Resultate des LIST 2021(2) über Pestizidrückstände in Kinderhaaren in Luxemburg, mit dem Nachweis von bis zu 88 verschiedenen Pestiziden bei Kindern lässt die Aussagen der Landwirtschaftsministerin wie ein Hohn erscheinen. Jedes einzelne Pestizid ist eines zuviel!
(1) “Bei der Prüfung von Rückstandshöchstgehalten für Pestizide sollte auch erkannt werden, dass wenige Verbraucher die von Pestiziden ausgehenden Risiken kennen. Es wäre angebracht, der Öffentlickeit diese Risiken umfassend zu erläutern.” (Auszug aus der EU Verordnung Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebensmitteln)
(2) Peng et al. (2021). Population-based biomonitoring of exposure to persistens and non-persistent organic polluants in the Grand Duchy of Luxembourg: Results from hair analysis, Environnment International, Volume 153. https://doi.org/10.289/isee.2021.P-480
26.02.25