Konferenz von Meco und ASTM : Die fatalen Folgen eines EU-MERCOSUR Abkommens

Am 26. Juni 2025 war der brasilianische Agrarwissenschaftler und Philosoph Prof. Dr. Antônio Inácio Andrioli zu Gast im Oekozenter Pafendall, um über die Auswirkungen des geplanten EU–Mercosur-Handelsabkommens zu sprechen. Mit eindringlichen Worten warnte er vor den sozialen und ökologischen Folgen, die dieses Abkommen insbesondere für die Länder des globalen Südens mit sich bringe. „Das EU–Mercosur-Abkommen dient vor allem den Interessen großer Konzerne – auf beiden Seiten des Atlantiks – und untergräbt dabei die Rechte von Kleinbäuer:innen, Indigenen und Umweltschützer:innen“, so Andrioli gleich zu Beginn seines Vortrags.

 

Der gebürtige Brasilianer, der heute an der Universidade Federal da Fronteira Sul lehrt, schilderte eindrucksvoll, wie das Abkommen den Export von Agrarrohstoffen wie Soja und Rindfleisch weiter ankurbeln würde – und damit auch die Abholzung von Regenwaldflächen, den Einsatz hochgefährlicher Pestizide sowie die Vertreibung ganzer Gemeinschaften. „Es ist paradox: Während Europa Pestizide wie Paraquat oder Atrazin längst verboten hat, werden genau diese Stoffe in Südamerika produziert – oft von europäischen Firmen – und dort weiterhin eingesetzt“, betonte er. Für die lokale Bevölkerung sei das ein „täglicher Angriff auf die Gesundheit“.

 

Eindringlich legte er anhand konkreter Zahlen dar, wie sehr das Mercosur-Abkommen die Abholzung des Amazonas vorantreiben würde.

 

Andrioli kritisierte auch, dass das Abkommen keine verbindlichen Mechanismen enthalte, um Umwelt- und Menschenrechtsstandards durchzusetzen. Zwar gebe es Nachhaltigkeitskapitel, doch diese seien zahnlos und könnten bei Verstößen nicht eingeklagt werden. Besonders problematisch sei, dass der Deal vor allem den Interessen der europäischen Autoindustrie diene – im Gegenzug für die Öffnung der südamerikanischen Agrarmärkte. „Die wahren Kosten dieses Abkommens zahlt die Natur – und die nächste Generation“, so Andrioli.

 

Andrioli betonte, das Abkommen würde auf breiten Widerspruch der Gesellschaft in den betroffenen Ländern stossen. Fakt sei aber leider, dass die Großgrundbesitzer, welche durch Agrarexporte am Meisten vom Abkommen profitieren würden, sehr mächtige Posten in Gerichten und Politik besetzen und dadurch erheblichen Einfluss ausüben können. Flächen, die für die lokale Produktion dann wieder fehlen würden… und zudem unter unwürdigen und aus Biodiversitätssicht problematischen Bedingungen bewirtschaftet würden.

 

Im anschließenden Austausch mit dem Publikum wurde deutlich, wie groß das Bedürfnis nach alternativen Handelsmodellen ist. Statt auf neoliberale Freihandelslogik zu setzen, müsse die EU Handelsbeziehungen auf Solidarität, fairen Ausgleich und ökologische Verantwortung gründen. Andrioli plädierte für eine Handelspolitik, die lokale Märkte schützt, bäuerliche Strukturen stärkt und auf gerechte Partnerschaften setzt – auch über Kontinente hinweg.

 

Sein Fazit war deutlich: „Dieses Abkommen darf so nicht ratifiziert werden. Wenn wir es ernst meinen mit Klimaschutz und Menschenrechten, brauchen wir einen radikalen Kurswechsel in der Handelspolitik.“ Hier wurde zusätzlich hervorgehoben, dass die EU plant das Abkommen zu “splitten”, d.h. aufzuteilen, um das Handelsabkommen somit nur im europäischen Parlament zu ratifizieren und dabei die Parlamente der Mitgliedsstaaten zu umgehen. Dies würde allerdings die demokratischen Grundprinzipien untergraben und das Vertrauen in die EU-Institutionen untergraben.

 

Jeff Boonen, Präsiden der Landwirtschaftskommission der Abgeordnetenkammer, der positiverweise zum Vortrag gekommen war, führte an, dass nach Ansicht der Regierung auch geopolitische Gründe für das Abkommen sprechen würden.

 

Anwesende merkten jedoch an, während Jahren sei gesagt worden, man würde kein Abkommen mit einer derart problematischen Person wie dem ehemaligen Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro unterschreiben wollen. Prof. Dr. Antônio Inácio Andriol hob eindringlich hervor, dass das Grundargument, mit wem man ein derartiges Abkommen unterzeichne, immer noch gelte. Der Überzeugung vieler sei der argentinische Präsident Milei in seiner Politik mit Bolsonaro zu vergleichen.

 

Schlussendlich gab es eine klare Analyse des Abends: Das Mercosur-Abkommen wäre ein Problem für die Menschen in Europa, da hiesige Landwirte einer zusätzlichen Konkurrenz ausgesetzt wären, Pestizide importiert würden usw. Aber die großen Verlierer wären erneut die betroffenen Mercosur-Staaten! Dort wären die Konsequenzen äußerst dramatisch. Die vermeintlichen geopolitischen Überlegungen für das Mercosur-Abkommen müssten eigentlich genau das Gegenteil bedeuten: keine zusätzliche Ausbeutung der Menschen dieser Länder, keine Abkommen mit höchst umstrittenen Regierungen.

 

Die Konferenz endete mit viel Nachdenklichkeit – und einem klaren Appell an Politik und Zivilgesellschaft, dieses Abkommen noch zu stoppen. So bestand für alle Teilnehmer die Möglichkeit gleich zwei Petitionen, von We Move Europe und Greenpeace, zu unterzeichnen.

 

Neugierig geworden? Interesse an konkreteren Fakten, Zahlen und Überlegungen? Dann schauen Sie rein in das Video der Abendveranstaltung oder schauen Sie sich die Powerpoint-Folien des Abends an.