Entscheidende Tage für Mensch und Umwelt: Luxemburg soll jetzt – sowohl national als auch auf EU-Ebene – das Verbot von PFAS-Pestiziden vorantreiben

Offener Brief des Mouvement Ecologique an Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Martine Hansen sowie Gesundheitsministerin Martine Deprez
Ein eindringlicher Appell an die luxemburgischen EU-Abgeordneten!
Eine steigende Anzahl von Analysen europaweit, aber auch in Luxemburg, zeigt auf, wie belastet die Umwelt und auch Menschen durch die so giftigen Ewigkeitschemikalien (PFAS und ihr Abbauprodukt TFA) sind, die hauptsächlich aus den in der Landwirtschaft verwendeten Pestiziden stammen. In der Tat weisen alle im Auftrag von PAN-Europe und des Mouvement Ecologique durchgeführten Analysen Belastungen auf: sowohl in Oberflächengewässern, im Grund-, Trink- und Mineralwasser als auch in Weinproben.
TFA wird nicht ohne Grund als „Ewigkeitschemikalie“ bezeichnet. Es baut sich nicht ab und so wird ein Großteil des heute freigesetzten TFA noch über Generationen hinweg in der Umwelt verbleiben. Planetare Belastungsgrenzen sind bedroht. Klar ist, dass uns jeder weitere Einsatz näher zum unwiederbringlichen Überschreiten etwaiger Grenzwerte führt. Es muss demnach unbedingt schnell gehandelt werden (1). TFA gilt u.a. als reprotoxisch, d.h. als Substanz, die die Fortpflanzungsfähigkeit oder die Entwicklung des Nachwuchses beeinträchtigen kann.
Um die Bevölkerung und Umwelt vor dieser Belastung zu schützen, muss Luxemburg sowohl die Debatten auf EU-Ebene nutzen, um den Ausstieg aus diesen giftigen Stoffen zu unterstützen als auch die Rechte, die wir als Land haben, ausschöpfen.
Kommende Woche auf EU-Ebene die Stimme für eine Reduktion des Pestizideinsatzes erheben
Am kommenden Dienstag, den 9. und Mittwoch, den 10. Juli 2025, wird aller Voraussicht nach im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) der EU über den äußerst wichtigen Vorschlag der Europäischen Kommission diskutiert, die Zulassung des Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffs Flutolanil® (einer PFAS-Chemikalie) nicht zu erneuern. Flutolanil wird als Mittel gegen Pilzbefall in der Landwirtschaft eingesetzt und es gilt als einen der besonders häufig verwendeten Stoffe in Pestiziden, der für die Belastung durch die Ewigkeitschemikalie TFA verantwortlich steht.
TFA wurde im Zulassungsverfahren als Hauptmetabolit von Flutolanil in Kulturpflanzen identifiziert. Angesichts seiner hohen Persistenz, Mobilität und reproduktionstoxischen Eigenschaften stellt dieser Wirkstoff eine unmittelbare Gefahr für Verbraucher:innen sowie für das Grundwasser dar. Eine Verlängerung der Zulassung müsste damit eigentlich ausgeschlossen sein.
Auch wenn nächste Woche keine Entscheidung fallen würde, ist es wichtig, dass sich Luxemburg auf die Seite jener Länder stellt, die sich für den EU-Kommissionsvorschlag aussprechen. Und wenn es zur Abstimmung kommen würde, muss Luxemburg unbedingt den EU-Kommissionsvorschlag unterstützen.
Flutolanil wird in Luxemburg jährlich auf erheblichen Flächen angewandt – diesem Stoff die Zulassung zu entziehen, wäre ein wichtiger Schritt zur Verminderung der Umweltbelastung durch TFA.
In Luxemburg jegliche Zulassung von PFAS-haltigen Pestiziden widerrufen: jetzt ! sofort !
Parallel ist es nur konsequent, wenn Luxemburg die Zulassung der restlichen PFAS-haltigen Pestizide, die seitens der EU noch zugelassen sind, untersagen würde. Die EU-Pflanzenschutzmittelverordnung (EG) sieht diese Möglichkeit explizit vor (Nr. 1107/2009 es in Art. 44 Abs. 3), ja schreibt sie sogar vor (2). Laut Artikel 44 Abs. 3 Buchst. a der Pflanzenschutzmittelverordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Zulassungen von Produkten zurückzunehmen, falls sie sich als besonders toxisch erweisen. Dies ist bei TFA der Fall. Die Europäische Kommission hat aufgrund neuster Erkenntnisse TFA als sogenannten relevanten Metaboliten anerkannt. Für diese sind Grenzwerte von 0,1 µg/l verbindlich. In der Realität wird dieser jedoch regelmäßig überschritten – in manchen Fällen sogar deutlich übertroffen (mehr als 10 µg/l). Damit sind die Anforderungen der Pflanzenschutzmittelverordnung und der Grundwasserrichtlinie durch PFAS-haltige Produkte nicht mehr erfüllt.
Die luxemburgische Regierung sollte deshalb in Anwendung von Artikel 44 Abs. 3 der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung sämtliche nationale Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit PFAS-Wirkstoffen unverzüglich widerrufen.
Der Mouvement Ecologique ist der Überzeugung, dass die Mehrzahl der Bürger:innen für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt eintritt und entsprechend auch gegen die weitere Verwendung dieser gefährlichen Substanz sind. Deshalb richten wir einen eindringlichen Appell an die Luxemburger Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin als auch an die Gesundheitsministerin Martine Deprez, eine konsequente Stimme für das Verbot – die Widerrufung von Zulassungen zu sein.
Für Ihr Engagement zum Schutz unserer Wasserressourcen und Umwelt, der Verbraucher:innen sowie der öffentlichen Gesundheit danken wir Ihnen im Voraus für Ihren Einsatz.
Mouvement Ecologique
Luxemburg, den 03.Juli 2025
- Die Kontamination der Umwelt durch die Ewigkeitschemikalien – sei es durch langkettige PFAS-Moleküle generell oder deren kleinster Abbaustoff TFA – ist weitreichend und wir stehen nur am Anfang der Aufdeckung des gesamten Ausmaßes des Problems. Das warnende Credo wissenschaftlicher Analysen: Ein Großteil des heute freigesetzten TFA wird noch über viele Generationen hinweg in der Umwelt verbleiben und bedroht die planetaren Belastungsgrenzen.Wie rezente Analysen aus 2024 vom Pesticide Action Network Europe eindrücklich zeigten, ist TFA in Wasserressourcen in ganz Europa weit verbreitet – in Konzentrationen, die die andere PFAS um ein Vielfaches übersteigen. Der Mouvement Ecologique hatte Proben von Oberflächengewässern, Grund-, Trink- und Mineralwasser aus Luxemburg zu diesen Studien beigesteuert – auch hier in Luxemburg ist TFA ein Problem. Eine weitere Studie dieses Jahres, wo auch Luxemburger Proben einflossen, fasste Wein als Stellvertreter für landwirtschaftliche Erzeugnisse ins Auge – durch seine lange Haltbarkeit vermag er den historischen Anstieg von TFA über die letzten Jahrzehnte zu dokumentieren. Die Analysen zeigten, dass dieser alarmierend ist und die Konzentrationen von TFA im Wein nochmal um Vielfaches höher als im Wasser.Jene Ergebnisse, aber auch Analysen zur Toxizität usw., verdeutlichen die Dringlichkeit, Maßnahmen gegen die bislang weitgehend unbeachtete Umwelt- und Gesundheitsgefahr durch PFAS-haltige Pestizide zu ergreifen.
- Laut wissenschaftlicher Modellierungen entfallen etwa 76 % der TFA-Grundwasserbelastung auf PFAS-Pestizide. Weitere Quellen sind TFA-Emissionen über Niederschlag (v. a. aus fluorierten Kältemitteln, 17 %) sowie Kläranlagen und Gülle (jeweils 3 %). Aktuell sind über 30 PFAS-Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln für die landwirtschaftliche Nutzung in der EU zugelassen. Diese werden bewusst auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht und tragen zur Belastung von Lebensmitteln, Böden und Wasser bei – wobei TFA ein häufiges Abbauprodukt ist.
- Diese Entwicklungen stehen in direktem Widerspruch zur EU-Pflanzenschutzmittelverordnung (EG) Nr. 1107/2009, deren Ziel insbesondere der Schutz von Trink- und Grundwasser vor Pestizidbelastungen ist. Gemäß Artikel 4 Abs. 3 und unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips aus Artikel 1 Abs. 4 dürfen Pestizide keine unmittelbaren oder langfristigen negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben – weder direkt noch über das Grundwasser. Zudem darf gemäß der EU-Grundwasserrichtlinie (2006/118/EG) die Konzentration relevanter Metaboliten im Grundwasser den Schwellenwert von 0,1 µg/l nicht überschreiten.
- Die Europäische Kommission hat TFA aufgrund seiner toxikologischen Eigenschaften – insbesondere der vorgeschlagenen Einstufung als reproduktionstoxisch gemäß der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 – als relevanten Metaboliten Der gesetzlich vorgeschriebene Grenzwert von 0,1 µg/l ist daher verbindlich. In der Realität wird dieser Grenzwert jedoch regelmäßig überschritten – in manchen Fällen sogar deutlich übertroffen (mehr als 10 µg/l). Damit sind die Anforderungen der Pflanzenschutzmittelverordnung und der Grundwasserrichtlinie durch PFAS-haltige Produkte nicht mehr erfüllt.
Den offenen Brief finden Sie als PDF in den Downloads hier!
04.07.25