“Message from the bottle“ – neue Analysen zeigen alarmierenden Anstieg der Ewigkeitschemikalie TFA in europäischem Wein

Kein Grund zur Panik – jedoch ein Aufruf zum dringenden Handeln!
Vor knapp einem Jahr veröffentlichte der Mouvement Ecologique Daten zur Belastung des Wassers (Grund- und Oberflächenwasser, aber auch Trinkwasser) mit der sogenannten Ewigkeitschemikalie TFA (1). Ende des Jahres wurden dann Daten zur Belastung des Mineralwassers vorgelegt. Dies im Rahmen einer gemeinsamen Aktion mit europäischen Partnern des „Pesticide Action Network Europe“ (PAN Europe), in welchem der Mouvement Ecologique Mitglied ist.
Nun liegen neue Daten zur Belastung vom Wein vor, die an diesem heutigen Mittwoch veröffentlicht werden. Sie zeigen die aktuelle Belastung von Wein durch TFA und bilden zudem eindrücklich den Anstieg der Chemikalie über die letzten Jahrzehnte ab.
Alle Analysen zeigen auf: Wein ist mit TFA und Pestiziden belastet und die Belastung nimmt stetig zu. Dabei steht der Wein nur stellvertretend für landwirtschaftliche Produkte generell. Dringendes Handeln ist geboten.
Unten auf der Seite finden Sie weitere Informationen und Tipps, wie Sie selbst PFAS vermeiden können.
An diesem Mittwoch legt das Pesticide Action Network (PAN Europe) den neuen Bericht “Message from the Bottle – The Rapid Rise of TFA Contamination Across the EU ” vor, in welchem die Daten zur Belastung von Wein aus 10 Ländern durch die Ewigkeitschemikalie TFA sowie auf Pestziden dargelegt werden. Der Mouvement Ecologique hat sich, als Mitglied in diesem Bündnis, am Projekt beteiligt und 3 Luxemburger Weinproben eingebracht.
Derzeit sind über 30 PFAS-Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln für die europäische Landwirtschaft zugelassen. Diese Produkte werden gezielt auf Feldern ausgebracht, tragen zur PFAS-Kontamination von Lebensmitteln, Böden und Wasser bei und zerfallen zu TFA als gemeinsamem Abbauprodukt.
Ingesamt wurden Weine aus Österreich, Belgien, Kroatien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Luxemburg und Spanien getestet. (2)
Die stichprobenartigen Analysen, die durch ausführliche wissenschaftliche Untersuchungen vertieft werden müssen, zeigen interessante und besorgniserregende Fakten auf:
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Alle Weine der Studie sind mit der Ewigkeitschemikalie TFA belastet – auch die Luxemburger Weine
Im Rahmen der Aktion wurden 10 ältere (einzelne Jahrgänge zwischen 1974 und 2015) und 39 junge Weine (Jahrgänge 2021-2024) aus 10 europäischen Ländern untersucht, davon 3 Luxemburger Weine des Jahrgangs 2023.
In sämtlichen jungen Weinen aus 10 europäischen Ländern wurde TFA nachgewiesen – mit Konzentrationen von bis zu 330 Mikrogramm pro Liter (µg/l) und einem Durchschnittswert von 122 µg/l. Dieser Wert liegt 100-mal höher als der durchschnittliche TFA-Gehalt, der zuvor in Oberflächen- und Trinkwasser gemessen wurde.
Die Belastung der Luxemburger Weinproben – Pinot gris, Rosé und Pinot noir– lag dabei positiverweise im unteren Mittelfeld (50 µg/l) (Abb. 1).
Abb. 1: TFA-Konzentrationen (µg/l) in den 39 Weinproben aus 10 europäischen Ländern. Weine aus konventionellem Anbau sind mit Kreisen dargestellt, die aus biologischem Anbau als Dreieck. Rot steht für Rotwein, Gelb für Weißwein und Rosa für Rosé. Quelle: PAN Europe & Global 2000.
Es gibt derzeit keinen Wert für die zulässige Belastung von Wein oder Lebensmitteln in der EU oder in einzelnen Mitgliedsstaaten. Es gibt jedoch Referenzwerte für Wasser. Dabei sei darauf verwiesen, dass wegen des Verdachts auf gesundheitsschädliche Auswirkungen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) TFA und seine Referenzwerte gerade neubewertet und überprüft. In Erwartung der Ergebnisse von der WHO, hat die luxemburgische Gesundheitsdirektion (DISA) eine Bewertung von TFA vorgenommen und einen Referenzwert vorgelegt, der für Trinkwasser laut aktuellem Wissenstand auf 12.000 ng/l sprich 12 µg/l festgesetzt wurde. Die Luxemburger Weine liegen also um das fünffache über diesem Wert.
Auch wenn der Mensch weitaus mehr Wasser trinkt als Wein, zeigen die Zahlen doch folgendes auf: die TFA Belastung ist allgegenwärtig und nicht zu unterschätzen. Es muss davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Lebensmittel generell mit TFA belastet sind. Die Ausmaße der Gesundheitsrisiken dieser Belastungen für den menschlichen Körper sind noch nicht hinlänglich untersucht. Die wenigen Studien die es gibt, zeigen aber auch eine eindeutige Gefährdung hin. Auch die Toxizität der PFAS, des „Mutterstoffes“ ist hinlänglich bewiesen. Es gibt zahlreiche Argumente die deshalb dafürsprechen, dass dringendes und konsequentes Handeln geboten ist. Außerdem: es muss bedacht werden, dass der Mensch über die unterschiedlichen Lebesnmittel wohl immer wieder Dosen an TFA aufnimmt. Entscheidend ist dehalb nicht mehr „nur“ die maximal zulässige Belastung eines Lebensmittels, sondern der kumulierte Effekt der verschiedenen TFA-Quellen ist zu berücksichtigen.
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Die Belastung durch die Ewigkeitschemikalie TFA hat im Laufe der Jahre stark zugenommen!
In Weinen aus Jahrgängen vor 1988 wurden keine TFA-Spuren festgestellt. Seit 2010 ist in den gemessenen Proben ein starker, exponentieller Anstieg der Belastung zu beobachten (Abb. 2), zu dem der Einsatz von PFAS-Pestiziden beigetragen hat.
Abb. 2: Zeitliche Zunahme der TFA-Konzentration (µg/l) in Wein. Die Datenpunkte vom 1974 bis 2015 repräsentieren einzelne Proben, während der Datenpunkt um 2023 das arithmetische Mittel der 39 europäischen Weine der Jahrgänge 2021-2023 darstellt.
Die Situation lässt sich wie folgt zusammenfassen: Keine Kontamination vor 1988 – starker Anstieg seit 2010 mit Werten die heute um ein Vielfaches höhere liegen (3).
Dabei ist davon auszugehen, dass die Belastung einerseits von Pestiziden stammt, aber auch von fluorierten Gasen, sogenannte „F-Gase“, aus der Luft. (FGase werden vor allem in Kühlmitteln verwendet).
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Häufige und teilweise hohe Pestizidrückstände – gerade auch im Luxemburger Wein
Die Weinproben wurden parallel auf Pestizidrückstände analysiert. Das Resultat ist alarmierend: Einzelne Weine sind mit bis zu 8 Pestiziden und Pestizidmetaboliten belastet, 94 % der konventionell erzeugten Weine sind belastet. Während bei TFAs noch wissenschaftlicher Nachholbedarf besteht betreffend die Wirkung auf die menschliche Gesundheit, sind die Auswirkungen von Pestiziden bereits stärker erforscht und ihre erheblichen negativen Folgen bekannt.
Insgesamt waren bei allen europäischen Proben 18 Pestizide nachweisbar, darunter zwei PFAS-Fungizide, Fluopyram und Fluopicolid.
Bemerkenswert ist, dass vier von fünf analysierten Bioweinen frei von nachweisbaren Pestizidrückständen waren, jedoch auch in unterschiedlichem Maße TFA enthielten (40-130 µg/l). Die Stichprobengröße ist zu klein um endgültige Aussagen zu machen, die Funde scheinen aber ein Hinweis auf die weitverbreitete Umweltbelastung von Regenwasser, Grundwasser und landwirtschaftliche Böden durch TFA zu geben.
Weine im oberen Bereich der TFA-Konzentration (Durchschnitt: 176 µg/l) wiesen im Schnitt eine doppelt so hohe Pestizidbelastung auf wie jene im unteren Bereich (Durchschnitt: 58 µg/l). Diese Beobachtung deutet auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Pestizideinsatz und TFA-Kontamination hin.
Besorgniserregend sind die doch recht hohen Rückstände des Fungizids Folpet in den Luxemburger Weinen. Der Pinot Noir und Gris lagen mit rund 300 µg/l im Spitzenfeld, vor anderen europäischen Weinen, die allerdings andere Fungizid-Rückstände aufwiesen. Im Pinot Noir wurden Rückstände von bis zu 6 verschiedenen Pestiziden nachgewiesen, bei den anderen zwei Proben bis zu drei verschiedene (im Durchschnitt drei auf EU-Ebene).
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TFA in Pestiziden verletzt EU-Recht – Zulassungen müssen widerrufen werden
Die regelmäßige Überschreitung gesetzlicher Grenzwerte durch TFA-freisetzende Pestizide stellt nicht nur ein Umwelt- und Gesundheitsrisiko dar, sondern auch einen klaren Verstoß gegen europäisches Recht. Die EU-Pflanzenschutzmittelverordnung (1107/2009) verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Trinkwasserressourcen vor schädlichen Substanzen zu schützen. TFA – ein Metabolit (Abbaustoff), der als fortpflanzungstoxisch eingestuft wird – darf im Grundwasser eigentlich den Wert von 0,1 µg/l nicht überschreiten. Doch dies geschieht leider regelmäßig.
Damit sind die Anforderungen der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung und der EU-Grundwasserrichtlinie eindeutig nicht mehr erfüllt. Laut EU-Recht müssten daher alle Zulassungen für betroffene Produkte umgehend widerrufen werden. Alles andere wäre nicht nur fahrlässig, sondern auch rechtswidrig (4).
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Schlussfolgerungen
Die TFA-Konzentration steigt kontinuierlich an: in den Gewässern, im Trinkwasser, im Wein – und wohl generell in landwirtschaftlichen Produkten, wie diese Analysen von europäischen Weinen aufzeigen. Da Wein ein lang haltbares Produkt ist und noch heute Analysen der Belastung von Weinen der vergangenen Jahre möglich sind, vermag er als Zeitzeuge unterschiedlicher Jahre den Anstieg von TFA eindrucksvoll zu illustrieren.
Die heutigen hohen Belastungen belegen, dass sich die „Ewigkeitschemikalie“ TFA in der Umwelt anreichert und die Belastung (falls keine ausreichenden Gegenmaßnahmen ergriffen werden) weiter ansteigen wird.
Aller Voraussicht nach nehmen wir über die verschiedenen Quellen Wasser und Lebensmittel weitaus mehr TFA auf, als bis dato gedacht.
Dies bedeutet: die Belastung aus verschiedenen Quellen akkumuliert sich. Diese Tatsache muss auch bei der Festlegung von Grenzwerten berücksichtigt werden.
In den vergangenen Jahren wurde sträflich versäumt die Gesundheitsgefahren von TFA in aller Tiefe zu untersuchen. Doch die Toxizität vieler der „Vorläufersubstanzen“ (sprich die PFAS, die Ewigkeitsschemikalien) ist hinlänglich nachgewiesen und alles deutet darauf hin, dass die Gefährdung durch TFAs ebenfalls hoch anzusiedeln ist.
Wir stehen erst am Anfang des Aufdeckens des ganzen Ausmaßes der Belastung durch Ewigkeitschemikalien.
Deshalb ist ganz dringendes und konsequentes Handeln geboten: Einerseits, da weitere wissenschaftliche Analysen wohl aller Voraussicht nach aufzeigen werden, dass die heute bestehenden Grenzwerte überschritten werden – und andererseits, da sich die gesundheitsschädliche Chemikalie konstant weiter anreichert!
Der Mouvement Ecologique erneuert deshalb seinen eindringenden Appell an die Regierung u.a.
- Ein sofortiges Verbot von PFAS-Pestiziden und F-Gasen auf EU-Ebene, und allen voran Mitte Mai den Vorschlag der EU-Kommission das Pestizid Flutolanil zu verbieten unterstützen (5);
- Generell strengere Vorgaben im Rahmen der REACH-Gesetzgebung sowie eine Reform der Agrarpolitik zu verlangen;
- Auf Luxemburger Ebene alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um den Einsatz von Pestiziden im Allgemeinen zu reduzieren: durch Verbote, Unterstützung von Alternativen Anbaumethoden und vor allem Methoden des Biolandbaus – auch durch eine Reorientierung der Luxemburger Agrarpolitik;
- Die sehr konkrete Förderung des Biolandbaus voran zu treiben, u.a. durch die Verwendung von Biolebensmitteln in öffentlichen Kantinen;
- Die Durchführung eines umfassenden Monitoring- und Überwachungsprogramm der Belastungen von Lebensmitteln und Umwelt durch TFA aufstellen und die Daten offensiv veröffentlichen;
- Für einen vorsorglichen Regulierungsansatz zu optieren, der die erheblichen Lücken in den toxikologischen Daten und die potenziellen Risiken für die öffentliche Gesundheit, einschließlich der von Kindern, berücksichtigt.
- In Erwartung vertiefter wissenschaftlicher Analysen zur Toxikologie von TFA das Vorsorgeprinzip walten lassen;
- F-Gase weitestmöglich in Luxemburg reduzieren und Alternativen vorschreiben – eine offensive Kampagne zum Ersatz von F-Gasen durchführen und Kontrollen sicherstellen.
Hintergrund
(1) TFA ist das nicht abbaubare Endprodukt des Abbaus anderer PFAS-Verbindungen, wie sie in Kühltechnologien oder in Pestiziden verwendet werden. In Bezug auf die Grundwasserverschmutzung sind PFAS-Pestizide aus der Landwirtschaft die Hauptverursacher. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) machen sie einen potenziellen jährlichen Anteil von 76 % aus, gefolgt von TFA-Emissionen aus Regen (hauptsächlich durch fluorierte Gase in Kühlsystemen) mit 17 % und Abwasserbehandlungsanlagen und Gülle mit jeweils 3 %.
Die Substanz ist zudem fortpflanzungstoxisch, das heißt, sie kann die gesunde Entwicklung in frühen Lebensphasen beeinträchtigen. TFA ist in Wasserressourcen allgegenwärtig und tritt in Konzentrationen auf, die um mehrere Größenordnungen höher sind als bei anderen PFAS. Jüngste wissenschaftliche Warnungen weisen darauf hin, dass TFA eine ernsthafte Bedrohung für planetare Belastungsgrenzen darstellt, da das heute freigesetzte TFA künftige Generationen dauerhaft belasten wird.
Toxikologisch galt TFA lange Zeit – insbesondere aus der Sicht von PFAS-Herstellern – als weitgehend unbedenklich. Eine im Rahmen der REACH-Chemikalienverordnung von TFA-Herstellern in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2021 zeigte jedoch schwere Missbildungen bei Kaninchenföten. Seitdem wird vermutet, dass TFA eine Gefahr für die menschliche Fortpflanzungsgesundheit darstellen könnte.
Führende Umweltwissenschaftler:innen haben kürzlich auf den dramatischen Anstieg der TFA-Kontamination im Wasserkreislauf und in der Biosphäre hingewiesen und diesen als Bedrohung für planetare Grenzen bezeichnet.
(2) Proben wurden von folgenden Organisationen bereitgestellt: Österreich (GLOBAL 2000), Belgien (Nature & Progrès und Bond Beter Leefmilieu), Kroatien (Earth Trek), Frankreich (Générations Futures), Deutschland (PAN Germany), Griechenland (Ecocity), Ungarn (MTVSZ/Friends of the Earth Hungary), Luxemburg (Mouvement Ecologique), Spanien (Ecologistas en Acción) und Schweden (Naturskyddsföreningen).
(3) Michael Müller, Professor für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Universität Freiburg, bezeichnet die starke Anreicherung von TFA in pflanzlichen Lebensmitteln als „ein Warnsignal, das entschlossenes Handeln erfordert“. Unabhängig von der heutigen PAN-Studie habe er in eigenen Analysen von alten und neuen Weinen ähnliche Trends beobachtet. „Unsere Ergebnisse zeigen klar die Dringlichkeit, sofortige Maßnahmen zur Verhinderung weiterer TFA-Emissionen zu ergreifen“, sagte er. „In neueren Weinen, die nach 2020 geerntet wurden, beobachteten wir ein breites Spektrum an TFA-Belastungen, von 20 bis 330 µg/l. Die niedrigsten Werte fanden sich in biologisch erzeugten Weinen, aus Trauben von Feldern, die seit Jahrzehnten frei von chemischen Einträgen sind. Das deutet darauf hin, dass PFAS-Pestizide direkt oder indirekt zu den hohen TFA-Werten in Kulturpflanzen beitragen.“
Die Bestätigung für den starken Anstieg der TFA-Werte ergibt sich auch aus einem Vergleich mit offiziellen EU-Daten des EU-Referenzlabors CVUA Stuttgart. Die 2017 im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführte Studie ist bis heute die einzige offizielle Erhebung zu TFA in Lebensmitteln. Damals zeigten 27 europäische Weine eine mittlere Konzentration von 50 µg/l, mit einem Höchstwert von 120 µg/l. Im Gegensatz dazu weist die neue Untersuchung von 2025 einen Median von 110 µg/l auf, mit Spitzenwerten von 320 µg/l.
(4) Wie von der Europäischen Kommission anerkannt, gilt TFA aufgrund seiner vorgeschlagenen harmonisierten Einstufung als fortpflanzungstoxisch gemäß der CLP-Verordnung 1272/2008 als „relevanter“ Metabolit. Folglich gilt für TFA der Grenzwert von 0,1 µg/l im Grundwasser. Besorgniserregend ist, dass dieser Grenzwert bei TFA regelmäßig überschritten wird – in manchen Fällen wird sogar der Schwellenwert von 10 µg/l für nicht relevante Metaboliten überschritten. Dies zeigt eindeutig, dass die Anforderungen der Pflanzenschutzmittelverordnung – insbesondere Artikel 4(3) und Artikel 29(1)(e) – sowie der Grundwasserrichtlinie durch PFAS-haltige Pflanzenschutzmittel nicht mehr erfüllt werden. Gemäß Artikel 44(3,a) der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Zulassungen aller betroffenen Produkte zu widerrufen.
(5) Im Dezember 2024 hat die Europäische Kommission die Nichtverlängerung des PFAS-Wirkstoffs Flutolanil vorgeschlagen. Im Rahmen der Risikobewertung wurde TFA als Hauptmetabolit in Pflanzen identifiziert. Angesichts der möglichen fortpflanzungstoxischen Wirkung von TFA sowie seiner außergewöhnlich hohen Persistenz und Mobilität stellt Flutolanil ein erhebliches Risiko für Verbraucher und das Grundwasser dar. Eine Verlängerung der Zulassung ist daher auszuschließen. Wir fordern Sie auf, den Vorschlag der Kommission bei der Sitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) am 14. und 15. Mai zu unterstützen. Darüber hinaus ersuchen wir Sie – in Übereinstimmung mit Artikel 44(3,a) der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung – die Zulassungen aller PFAS-haltigen Pflanzenschutzmittel zurückzuziehen.
Hier finden Sie allgemeine Infos zur PFAS- und TFA- Problematik
Was ist TFA? Und was PFAS?
TFA gehört zu den PFAS-Chemikalien. Dies ist eine große Substanzengruppe, die bis zu 10.000 Einzelsubstanzen umfasst. Gemein ist ihnen allen, dass sie vom Menschen gemacht sind, sehr langlebig und mobil sind. Einige von ihnen sind nachgewiesen toxisch für den Menschen. Wenn sie einmal in die Umwelt gelangen, bleiben sie quasi für immer dort, sie sind sehr stabil. Sie können weder herausgefiltert noch zerstört werden. Deshalb werden sie als Ewigkeitschemikalien bezeichnet.
Wegen ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften werden PFAS in sehr vielen Bereichen eingesetzt. Zum Beispiel finden sie sich in Vebraucherpodukten wieder wie in antihaftbeschichteten Pfannen, Regenjacken, Pizzaschachteln oder Zahnseide. Ein sehr großes Einsatzgebiet sind aber auch Arzneimittel und Pestizide – Gifte die in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt werden. Weiterhin werden PFAS auch in Löschschäumen und als Kühlmittel eingesetzt.
Mehr Details und häufig gestellte Fragen zu PFAS hier in diesem Dokument .
Unterschätztes TFA – jetzt schon problematisch oder erst in Zukunft?
TFA zählt zu den PFAS und ist eigentlich das letzte Abbauprodukt von verschiedenen größeren PFAS-Substanzen. TFA an sich ist ebenfalls ein sehr beständiges Molekül und überdauert auch in der Umwelt. Vor allem über PFAS-Pestizide gelangt TFA ins Wasser und in landwirtschaftliche Produkte. Durch die Anwendung dieser Chemikalien in der Landwirtschaft gelangen sie in den Boden und können ins Oberflächenwasser und Grundwasser ausgewaschen werden. Dies wurde allerdings bisher ignoriert und deshalb fehlen aktuell Schwellenwerte für TFA in der Trinkwasserrichtlinie und Pestizidverordnung. Nun ist fast die gesamte Umwelt mit TFA kontaminiert – mit noch ungewissen Folgen.
Nicht zuletzt durch die Studie von PAN Europe wird dem unterbewerteten Molekül endlich die dringend nötige Beachtung geschenkt und es kann gehandelt werden.
Insgesamt sind aber auch andere PFAS unzureichend reguliert, wie die Umweltverbände feststellen. Wegen ihrer Langlebigkeit und der für verschiedene PFAS nachgewiesenen Giftigkeit, haben Fachbehörden aus Deutschland, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Dänemark zur Beschränkung dieser Ewigkeitschemikalien aufgerufen. Lesen Sie hier die Mitteilung vom BUND aus Deutschland dazu.
Wie schädlich sind TFA und PFAS? [iii]
Über die Wirkung von TFA weiß man noch sehr wenig. Andere, gut erforschte Ewigkeitschemikalien stehen in Verbindung mit hormonellen Veränderungen bis hin zu Fruchtbarkeitsstörungen und Missbildungen, Schädigungen des Immunsystems und einem erhöhten Krebsrisiko. Über 20 % der Kinder haben bereits PFAS-Konzentrationen über dem gesundheitlichen Richtwert im Körper.
Bei TFA liegt der Verdacht auf eine Reprotoxizität vor.
Wie können Sie im Alltag PFAS vermeiden?
Als Verbraucher:in können Sie bewusst aufpassen, PFAS weniger ausgesetzt zu sein. Zum Beispiel können Sie PFAS-freie Kosmetika benutzen, auf antihaftbeschichtete Pfannen verzichten oder auch bei der Outdoorkleidung darauf achten, dass diese frei von diesen Chemikalien ist.
Der BUND Deutschland hat hier nützliche Tipps:
– PFAS in Kosmetika (pdf auch in Downloads)