Anregender Austausch des Mouvement Ecologique mit Landwirtschaftsministerin Martine Hansen

Rezent fand ein zweistündiger Austausch des Mouvement Ecologique mit Ministerin Martine Hansen, umgeben von einer Reihe von hohen Ministerialbeamten, statt.
Der Austausch war recht direkt und offen, allerdings wurden im Laufe der Unterredung doch große Differenzen erkennbar.
Zu Beginn wurde über die derzeitige Form der Kommunikation zwischen Mouvement Ecologique und Ministerium gesprochen. Der Mouvement Ecologique bedauerte dabei, dass – neben dem Landwirtschaftstisch (in dem nur Vertreter:innen der Landwirtschaft, dem sogenannten „Secteur“ tagen) – bisher kein offener Austausch über die Entwicklung der Landwirschaft gemeinsam mit anderen Akteuren, wie z.B. den Umweltbewegungen, erfolge. Es läge, so der Mouvement Ecologique, im Interesse aller, dass zentrale Probleme (z.B. Angehen der Nitrat- und Pestizidbelastung) bzw. Leitlinien für die Landwirtschaft (z.B. Agrargesetz, Fördermittel für kleinere und mittlere Betriebe, Aufbau von Betriebssystemen usw.) in einem breiteren Kreis besprochen werden. Denn immerhin ist es eine Tatsache, dass die heutige Landwirtschaftspolitik (nicht der einzelne Landwirt) in sehr hohem Ausmaß für die heutige Biodiversitätskrise verantwortlich ist.
Landwirtschaftsministerin Martine Hansen betonte, sie würde keinen Bedarf für einen derartigen Austausch sehen. Für sie seien die primären Ansprechpartner die Landwirte und sie würde keinen Sinn darin sehen, gemeinsame Sitzungen mit anderen Akteuren sicherzustellen, eine Beteiligung des Mouvement Ecologique am Landwirtschaftstisch, auch zu einem späteren Zeitpunkt bzw. zu spezifischen Themen, schloss sie kategorisch aus. Ihr Ministerium und die Landwirte würden, in der Regel Agraringenieure, über das erforderliche Wissen verfügen und konstruktiv an Lösungen arbeiten.
Der Mouvement Ecologique erörterte daraufhin, wie positiv seiner Meinung nach der Strategiedialog zur Zukunft der EU-Landwirtschaft1 zu werten sei, bei welchem alle Akteure gemeinsame Lösungswege skizziert haben. Ein „Nicht-Dialog“ würde dazu führen, dass Organisationen wie der Mouvement Ecologique gezwungen seien, ihre Stimme vor allem auch über kritische Aktionen (wie z.B. die Analyse der Wasserbelastung durch Ewigkeitschemikalien) zum Ausdruck zu bringen. Ein konstruktiverer Input in gemeinsamen Gesprächen sei dabei auch sinnvoll. Eine Dialogbereitschaft schien seitens der Landwirtschaftsministerin jedoch zu diesem Zeitpunkt leider in der Form nicht gegeben.
Der Mouvement Ecologique führte an, er würde in Kürze eine Analyse der Folgen des heutigen Agrargesetzes auf die Biodiversität mit Verbesserungsvorschlägen zum Mid-term veröffentlichen. Die Ministerin nahm dies zur Kenntnis.
Staatliche Förderung von Gewächshäusern
Leider bestand auch ein grundsätzlicher Dissens beim zweiten Punkt der Tagesordnung, der Frage, welche Gewächshäuser die Regierung fördert. Hier bedauert der Mouvement Ecologique, dass mit dem neuen Gesetzesprojekt des Landwirtschaftsministeriums große Gewächshäuser ab mindestens 1 Mio Euro (= 2,5 Mio Investitionen) gefördert werden, und dies ohne spezifische nachhaltige Anbaukriterien. Staatliche Subventionen sollten seiner Meinung nach an gewisse Anbaubedingungen gebunden werden (u.a. was den Pestizideinsatz betrifft, optimalerweise Biokriterien). Zudem würde die Förderung großer Gewächshäuser von über 1ha (10.000 m2) aller Voraussicht nach zulasten von kleineren Produzenten gehen. Die Ministerin betonte, die Flexibilität bei der Zuordnung der Gelder sei wichtig, sie würde keine Überregulierung wünschen. D.h. die Festlegung von Anbaukriterien (Zitat Mme Hansen: „Bio ist nicht unsere Priorität“) wäre, so die Interpretation, gemäß Ministerin eher unnötiger Ballast. Sie betonte, ihr liege es vor allem daran, den Gemüse- und Obstbau in Luxemburg voranzutreiben und sie sähe keine Gefahr für kleine Produzenten. Dies zumal die normale Förderung kleinerer Gewächshäuser über das aktuelle Agrargesetz weiter bestehen bliebe. Der Mouvement Ecologique betonte seinerseits, dass die Großbetreiber – die man nicht mehr als landwirtschaftliche Strukturen bezeichnen kann – mit quasi agro-industriellen Anlagen weitaus effizienter produzieren und vor allem eigene Verteilernetze aufbauen könnten und es so zu einer Konkurrenzverzerrung kommen würde. Somit würde aber die kleinstrukturierte familiäre Landwirtschaft nicht gefördert. Es wäre die Rolle des Ministeriums gerade diese zu fördern und u.a. zu untersuchen, warum der Gemüseanbau mit den aktuellen Förderinstrumenten des Agrargesetzes nicht den gewünschten Anklang finde. Es läge, so der Mouvement Ecologique, u.a. daran, dass es für derartige Aktivitäten keine ausreichenden Verteilerstrukturen gebe. Ministerin Hansen gab zu verstehen, dass sie weiter an dem Fördergesetz der Großanlagen festhält und es war auch nicht erkennbar, dass sie sich in der Verantwortung sieht zu analysieren, warum der Gemüseanbau in kleineren landwirtschaftlichen Strukturen nicht vorangeht und wie welche Probleme beseitigt werden können.
Belastung vom Wasser und Wein durch Ewigkeitschemikalie
Als weiterer Punkt der Tagesordnung wurde über die Belastung von Wasser und Wein durch die Ewigkeitschemikalie TFA gesprochen. Diese Belastung ist letztlich, dies wurde in den diversen Stellungnahmen ausführlich dargelegt, in erheblichem Ausmaß auf Pestizide zurückzuführen. Die Ministerin verwies darauf, dass die Belastung die Grenzwerte nicht überschreiten und das rezente Verbot eines Pestizides (Flufenacet) bereits zu einer Verbesserung führen würde. Der Mouvement Ecologique betonte seinerseits, dass sich die Ewigkeitschemikalie immer mehr in der Natur anreichere, da sie nicht abgebaut wird, und eine umgehende weitreichende Reduktion / Stopp des Eintrags geboten sei. Die Grenzwerte seien zudem umstritten, da es noch an wissenschaftlichen Erkenntnissen mangele, das Vorsorgeprinzip müsse gelten.
Pestizidbelastung von Lebensmitteln
Für Diskussionen sorgte ebenfalls die Tatsache, dass der Mouvement Ecologique vor einigen Wochen die Resultate der Analysen zur Belastung der Lebensmittel durch die ALVA (Luxemburger Veterinär- und Lebensmittelverwaltung) veröffentlicht hatte. Die Vertreter:innen der ALVA bedauerten dabei die Art und Weise der Kommunikation des Mouvement Ecologique. Gemäß ALVA handelt es sich bei den durchgeführten Analysen vor allem um Kontrollen über die Lebensmittelsicherheit. Die Zusammensetzung der Proben würde es nicht ermöglichen, die Unterschiede in der Belastung der biologisch oder konventionell produzierten Lebensmittel ausreichend korrekt darzustellen. Was das Vorhandensein mehrerer Pestizide in einem Lebensmittel betrifft, verwies die ALVA darauf, dass es hier noch keine wirklich zufriedenstellenden wissenschaftlichen Analysen über die Gesundheitsgefährdung gäbe.
Fakt sei auch, so die Ministerin, dass die Grenzwerte der Belastung der Lebensmittel weitgehend unterschritten würden, somit keine Gefährdung vorliege. Der Mouvement Ecologique wies seinerseits darauf hin, dass biologisch produzierte Waren weitaus weniger belastet seien und dies auch mitgeteilt werden müsse. Und auch wenn bestehende Grenzwerte weitgehend nicht überschritten würden, wäre dies nicht immer der Fall. Gleichwie hätten Pestizide nichts in Lebensmitteln verloren. Außerdem wäre die Situation leider so, dass Lebensmittel äußerst häufig mit mehreren Pestiziden belastet seien, was absolut problematisch wäre. Hier bestand eine unterschiedliche Auffassung des Begriffs „Belastung mit Pestiziden“. Für das Landwirtschaftsministerium gilt ein Lebensmittel als unbedenklich und unbelastet, wenn die Pestizidbelastung unter den gesetzlichen Grenzwerten bleibt, für den Mouvement Ecologique jedoch, wenn es frei von Pestiziden ist!
Als letzter Punkt fand noch ein kurzer Austausch zur Reform des Naturschutzgesetzes statt.
Die Unterredung war entsprechend anregend und zahlreiche Dossiers konnten besprochen werden. Als Schlussfolgerung muss der Mouvement Ecologique jedoch festhalten und bedauert zutiefst, dass das Landwirtschaftsministerium nicht eine Plattform organisiert, in der alle Akteure der landwirtschaftlichen Produktion, Naturschutz und Verbraucher konstruktive Lösungen und Wege gemeinsam diskutieren. Außerdem wäre ein klareres Bekenntnis der Ministerin zur Bedeutung der Biolandwirtschaft nach Ansicht des Mouvement Ecologique notwendig.