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„Tanktourismus-Studie“ der Regierung: ein wichtiger Anfang ist gemacht, nun bedarf es weiterer Schritte!

Stellungnahme des Mouvement Ecologique

Der Mouvement Ecologique begrüßt ausdrücklich, dass die seit Jahren erwartete Studie von Dieter Ewringmann im Auftrag des Nachhaltigkeitsministeriums zu den Auswirkungen des Treibstoffverkaufs in Luxemburg schlussendlich vorliegt.

Dies nicht nur, weil deren Erstellung einer langjährigen Forderung unserer Organisation entspricht, sondern vor allem, weil zum ersten Mal in Luxemburg ein Wirtschaftszweig unter Berücksichtigung der externen Umwelt- und Gesundheitsaspekte unter die Lupe genommen wurde. Dies stellt einen wesentlichen Qualitätssprung in der Debatte dar und muss in Zukunft auch in die Bewertung anderer Wirtschaftssektoren Eingang finden. Nur so kann eine objektive Diskussion über Vor- und Nachteile einzelner wirtschaftlicher Aktivitäten stattfinden.

Wie wichtig diese Berechnung ist, zeigen die aufrüttelnden Resultate: 3,5 Milliarden jährlichen Kosten stehen 2,1 Milliarden Einnahmen entgegen! Ein klarer Handlungsauftrag, die heutige Strategie in Sachen Treibstoffverkauf zu hinterfragen.

Diese bemerkenswerten Zahlen kamen trotz einiger methodischer Schwachstellen zustande:

  • Umstritten ist z.B. die Definition des eigentlichen “Tanktourismus” sowie der Kosten, die mit diesem verbunden sind. In diese Definition wurden nämlich nur Privat-PKWs und die direkt in Luxemburg gefahrenen Kilometer einbezogen. Umwege, welche sowohl von PKWs als auch von LKWs gefahren werden, um hierzulande zu tanken, oder aber die im „Wohnland“ gefahrenen Kilometer, wurden wohl nicht einbezogen. Berücksichtigt man nur diese Zahlen, so wie dies in der Studie erfolgt, dann nimmt der eigentliche Tanktourismus nur knapp 4% der Gesamtkosten des Treibstoffverkaufs ein, was nach Ansicht des Mouvement Ecologique jedoch nicht der Realität entspricht.
  • Problematisch ist ebenfalls, dass beim Alkohol- und Tabakverkauf nur die Einnahmen angegeben werden. Doch ebenso wie beim Treibstoff verursacht auch deren Verbrauch Kosten, z.B. für das Gesundheitswesen. Warum die negativen Kosten vom Treibstoff verbucht wurden, bei diesen Waren aber nur die Einnahmen, ist ein Rätsel.

Bleibt aber nichtsdestotrotz die Brisanz der zentralen Aussage der Studie: Die Ausgaben aus dem Treibstoffverkauf überwiegen bei weitem die Einnahmen. Sie dürften sogar, aufgrund der angeführten Überlegungen, noch weitaus höher liegen, als in der Studie angegeben.

 

Angesichts

  • der Erkenntnis, dass die Luxemburger Nischenpolitik im Treibstoffsektor ein Defizitgeschäft ist, wenn alle Kosten einbezogen werden;
  • der Tatsache, dass gemäß offiziellen Angaben die schlechte Luftqualität in unserem Land mehr Todesopfer fordert als Verkehrsunfälle,
  • der Notwendigkeit aus Klimaschutzgründen auch den Transportsektor schnellstmöglich zu dekarbonisieren

müssen jetzt – und nicht nur mittel- und langfristig – weitere konkrete Schritte erfolgen. Erste Maßnahmen, wie z.B. die angekündigten steuerlichen Vorteile beim Kauf von Elektro- und Hybridautos oder die Umgestaltung der Leasingtabellen für Firmenwagen, sind nach Ansicht des Mouvement Ecologique zu zaghaft und nicht ausreichend.

Deswegen fordert der Mouvement Ecologique die Regierung auf, aus der Analyse nun weitere ganz konkrete Konsequenzen zu ziehen:

  • Im Rahmen der anstehenden Steuerreform müssen Leasingautos mit Dieselmotoren deutlich schlechter gestellt werden als bisher vorgesehen. Ebenfalls darf die Förderung von Alternativen – z.B. für den Kauf von Elektroautos – nicht über steuerliche „Abattements“ erfolgen (die Haushalte mit hohem Einkommen privilegieren) sondern über – zeitlich befristete – Direktsubventionen, damit alle Haushalte hiervon profitieren können.
  • Die Besteuerung von Diesel für PKWs und LKWs muss in Zukunft getrennt erfolgen. Dies mit dem Ziel, den Tarif für PKWs zu erhöhen, analog zu den Beträgen in den Nachbarländern. Was die Besteuerung des Diesels für LKWs betrifft, so muss gemeinsam mit Belgien eine Erhöhung erfolgen (zur Erklärung: Belgien erstattet LKWs Steuerbeträge zurück, so dass der Einkauf von Diesel für LKWs in Belgien momentan fast günstiger ist als in Luxemburg – und weitaus günstiger als in Frankreich oder Deutschland). Eine einseitige Erhöhung der Besteuerung in Luxemburg würde demnach den Verkauf lediglich nach Belgien verlagern, ohne umweltpolitische Vorteile. Ein derartiges konzertiertes Vorgehen aber würde das Steuerdumping in der Großregion zumindest abmildern.
  • Über diese offensichtlichen Maßnahmen hinaus müssten noch unter dieser Regierung in einem festzulegenden Zeitrahmen sowie einer entsprechenden Arbeitsgruppe (zusammengesetzt aus diversen Ministerien, Vertretern des Sektors, Akteuren der Zivilgesellschaft) weitere Überlegungen und Schritte hin zum Ausstieg aus dem überdimensionierten Treibstoffexport unternommen werden. Die Ankündigung, mittels einer interministeriellen Arbeitsgruppe vorerst nur die Verkaufszahlen an Luxemburger Tankstellen im Auge behalten zu wollen, ist bei weitem nicht ausreichend und vermittelt eher den Eindruck, als ob die Regierung nicht mehr in der laufenden Legislaturperiode aktiv werden wolle.

Denn die umweltfreundlichen Alternativen zum PKW oder LKW mit Verbrennungsmotor – wie z.B. die Elektromobilität oder auch der Gütertransport auf der Schiene – werden nur wirtschaftlich zu einem Erfolg, wenn die reellen Kosten der fossilen Treibstoffe sich auch in den Preisen an der Tankstelle widerspiegeln.

Demnach: Diese Regierung brachte den Mut auf, den ersten Schritt zu einer reellen Kostenberechnung durchzuführen – sie sollte nun denselben Mut aufbringen, auch Konsequenzen daraus zu ziehen.

 

Luxemburg, den 7. Dezember 2016

 

Mouvement Ecologique