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Replay und Bericht der Konferenz: Insektensterben und Biodiversität: Warum der Schutz der ganz Kleinen eine unserer größten Prioritäten sein sollte!

 

… so lautete der Titel der Konferenz mit Dr. Axel Hochkirch, einem international renommierten Insektenforscher und Kurator der ökologischen Abteilung des hiesigen natur musée. Im Fokus stand eine rezente Studie, die im Winter international Schlagzeilen gemacht hatte. Die Forschenden unter der Leitung von Hochkirch übertrumpften mit ihren Resultaten traurigerweise die eh schon alarmierenden Funde des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) von 2019 („Weltweit eine Million Arten vom Aussterben gefährdet!“): Es sind hingegen zwei Millionen Arten, die gefährdet sind!

 

Eine Million oder zwei Millionen Arten gefährdet?

Dabei hat sich die Situation für die Lebewesen in den letzten fünf Jahren nicht derart verschärft, dass nun doppelt so viele Arten global in Gefahr seien. Axel Hochkirch erklärte, dass vor allem die Datengrundlage zur Berechnung der Gefährdungszahlen nun vollständiger sei, als dies 2019 beim IPBES-Bericht der Fall war. Damals lagen noch keine Rote Liste-Daten zu vielen Gruppen der Wirbellosen vor (z.B. Insekten, Schnecken), obwohl diese einen Großteil der Lebewesen auf dieser Erde ausmachen.

Aufgrund verstärkter Forschung und Miteinbezug dieser Artengruppen, konnte jetzt ein realistischeres Bild der Gefährdung gezeichnet werden. Hochkirch veranschaulichte in seinem Vortrag mehrmals, wie wichtig die Forschung und das Erstellen von Roten Listen ist. Sie stellen nämlich die Basis für eine anschließende Planung, Handlungen und Schutzmaßnahmen dar („study-assess-plan-act-cycle“). Denn „Arten sterben oft aufgrund von Unwissenheit aus!“

 

Welche Tiere sind schützenswert?

Eindrücklich führte Axel Hochkirch anhand eines „Gradienten der Wertschätzung“ vor Augen, warum manche Artengruppen besser geschützt und erforscht sind als andere. Der Mensch orientiert sich an „einfachen“ Kategorien: Bevorzugt werden „dem Menschen ähnliche Arten“ (Affen) geschützt, gefolgt von den „niedlichen“, „charismatischen“ Arten“. Ganz zum Schluss stünden „Schädlinge“ und „Krankheitsüberträger“ ‒ meist Insekten ‒ obwohl auch diese im Netz der Biodiversität eine Bedeutung haben.

Er ging auch auf den Eigenwert der Biodiversität ein und die zahlreichen Ökosystemleistungen, die Insekten uns Menschen entgegenbringen. Mehrfach hob er hervor, dass der Mensch die Biodiversität selbstverständlich schützen müsse, da wir sie als Lebensgrundlage brauchen. Doch es wäre ein falscher Weg, die Natur nur „im Dienste“ des Menschen zu sehen. Es gälte sie wegen ihrer selbst zu schützen.

 

Wo liegen die Gründe für das Aussterben zahlreicher Arten?

Die hohe Biodiversität in unseren Breiten entstand im Laufe der Jahrhunderte, da der Mensch die Flächen forst- und landwirtschaftlich nutzte. Am meisten gefährdet, sind bei uns die Arten des Offenlandes, also der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Hier sterben Arten erwiesenermaßen vor allem aufgrund des „Landnutzungswandels“ aus. Einerseits, da zahlreiche landwirtschaftliche Flächen immer intensiver genutzt werden und die „uniformisierte“ und ausgeräumte (also nicht mehr vielfältige) Landschaft ein Problem ist. Und auf der anderen Seite auch genau das Gegenteil: Dort wo die Flächen nicht mehr kultiviert werden, z.B. da der Ertrag zu gering, findet man zugewachsene Wiesen und Weiden, die ebenso problematisch für zahlreiche Offenlandarten sind.

 

Artensterben und Bauernhofsterben gehen Hand in Hand

Interessant ist, dass analog zur Abnahme der Artenvielfalt in unserer Landschaft, auch die Anzahl an Bauernhöfe abgenommen hat. Bauern- und Artensterben gehen also Hand in Hand, beides verursacht durch eine falsche Agrarförderpolitik der EU. Eine insektenfreundliche Landschaft sieht nämlich folgendermaßen aus: ein Mosaik aus vielfältig genutzten Parzellen, mit Hecken und Bäumen dazwischen, brachliegende Teile, wenig Dünger und überhaupt keine Pestizide, im besten Fall durch viele kleinbäuerliche Betriebe bewirtschaftet.

 

 

 

 

Die Anregungen des Mouvement Ecologique

Anschließend an diesen sehr lehrreichen Vortrag, stellte Claire Wolff vom Mouvement Ecologique kurz die Anregungen des Meco an die neue Regierung vor, das sich in das Thema des Abends einreihte: „Biodiversitätskrise spitzt sich zu: Ministerien für Biodiversität und Landwirtschaft müssen umgehend ihre Verantwortung übernehmen!“ Der Mouvement Ecologique legt in diesem Forderungspapier dar, wie dramatisch die Biodiversitätskrise ist, welches die vorhandenen Instrumente hierzulande sind um sie anzugehen und gibt konkrete Maßnahmen an, um die bekannten Probleme und Hürden bei der zu langsamen Umsetzung zu beseitigen. Vor allem die Landwirtschaftspolitik muss fundamental anders ausgerichtet werden, um eine biodiversitätsfreundliche Bewirtschaftung zu fördern. Weiterhin müssen die im Naturschutz tätigen Institutionen personell und finanziell besser ausgestattet werden, um die zerstörten Lebensräume wieder herstellen zu können.

 

Von den knapp 100 Teilnehmenden, waren viele Fachleute aus Natur- und Umweltschutz anwesend und beim „Patt“ wurde sich über die nötigen Maßnahmen angeregt ausgetauscht.

 

 

 

 

 

24.04.2024