“Réforme administrative”, Gemeindefinanzen, Landesplanung…
Rezent fand eine anregende Diskussion zu einer Reihe von wichtigen kommunalpolitischen Themen zwischen Innenminister Dan Kersch, seinen Beamten sowie dem Mouvement Ecologique statt.
Zentraler Punkt der Unterredung war die anstehende “simplification administrative” sowie das damit verbundene sog. “Omnibus”-Gesetz.
Zunächst hob der Minister hervor, dass die neue Regierung eine Reihe von Bestimmungen des Entwurfes der vorherigen Regierung nicht übernommen hat. Der Mouvement Ecologique begrüßte diese Tatsache ausdrücklich: Effektiv hätten diese sehr tiefe Einschnitte in Bürgerrechte sowie den Natur- und Umweltschutz bedeutet. Insofern ist es positiv, dass ein gewisses Umdenken stattgefunden hat.
Die Bedeutung der “étude préparatoire” (PAG)
Der Mouvement Ecologique legte einige zentrale Kritikpunkte aus seiner Sicht am heutigen Entwurf dar. So komme z.B. der sogenannten «étude préparatoire», welche die Grundlage eines neuen Flächennutzungsplanes darstellt, eine große Bedeutung zu. Der Stellenwert dieses Dokumentes würde aber im sogenannten «Omnibus»-Gesetz geschmälert.
In der «étude préparatoire» soll die heutige Situation in der Gemeinde (z.B. betreffend die Mobilität, die öffentlichen Infrastrukturen, die Nahversorgung…) sowie darauf aufbauend die verschiedenen Entwicklungsoptionen für die Zukunft untersucht werden. Für den Mouvement Ecologique ist diese “étude préparatoire” eine wichtige Basis, damit die Diskussion über die Entwicklung der Gemeinde auf einer sachlichen Basis erfolgen kann: Wo stehen wir heute? Wo wollen wir hin? Sie sollte sogar nach Ansicht des Mouvement Ecologique aufgewertet werden, indem sie z.B. mit den BürgerInnen diskutiert wird. Erst nachdem ein Konsens über die Orientierung der zukünftigen Entwicklung der Gemeinde bestünde, so der Mouvement Ecologique, solle der Flächennutzungsplan erstellt werden.
Dieser sei eigentlich nur Ausdruck der Vorstellungen, die aufgrund der “étude préparatoire” festgehalten werden. Der Minister bekräftigte eine gute derartige Studie sei auch für ihn von grundlegender Bedeutung. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass diese nicht zu sehr in allgemeine Erläuterungen ausarten würde, sondern sich wirklich, praxisorientiert auf die kommunale Entwicklungsoptionen konzentrieren würde. Deshalb würde im Rahmen der “réforme administrative” die Bedeutung dieser «étude préparatoire» auch nicht geschmälert. Vielmehr würden die Details lediglich nicht mehr via Gesetz, sondern im vorgesehenen großherzoglichen Reglement geregelt. Der Mouvement Ecologique zeigte Verständnis für dieseVorgehensweise, allerdings fehle seiner Ansicht nach im Gesetz ein Verweis auf das Reglement, so dass er die Befürchtung habe, das Reglement würde « gestrichen ». Der Minister sagte zu, dass eine gesetzliche Verankerung des Reglementes erfolgen soll. Außerdem würde im Innenministerium an einem Leitfaden gearbeitet, dem eine sinnvolle «étude préparatoire» entsprechen müsse.
Der Mouvement Ecologique würde es zudem begrüßen, wenn gesetzlich verankert werden würde, dass die BürgerInnen über die «étude préparatoire» informiert und in die damit verbundene Fragestellung “Wéi eng Entwécklung fir d’Gemeng» eingebunden werden müssen. Der Minister wollte diese Vorgabe zwar nicht gesetzlich verankern, allerdings zeigte er sich im Laufe der Diskussion offen, den Gemeinden mittels einer ministeriellen “circulaire” ans Herz zu legen, beratende kommunale Gremien und BürgerInnen in die Diskussion über die “étude préparatoire” einzubinden.
Vorteile für die BürgerInnen
Der Mouvement Ecologique verwies des Weiteren erneut darauf, dass die “simplification administrative” auch verstärkt im Dienste der BürgerInnen stehen sollte, auch für sie wären Verbesserungen an Prozeduren notwendig. Der Minister stimmte dem zu, gab aber an, seiner Meinung nach enthalte der vorliegende Gesetzesentwurf bereits erste Schritte in diesem Sinne. Außerdem würde ja ein “Omnibus-Gesetz 2” vorgelegt, in dem derartige Belange weiter aufgegriffen werden könnten. Er seinerseits wäre sehr offen für konkrete Anregungen seitens der BürgerInnen in diesem Sinne. Außerdem verwies er auf eine Internetseite (http://www.vosidees.lu/), auf welcher BürgerInnen bereits heute derartige Vorschläge formulieren könnten. Diese würden vom Ministerium Ernst genommen und auch entsprechend bearbeitet. Von seiner Stelle aus richtete er einen Aufruf, sich verstärkt daran zu beteiligen. Der Mouvement Ecologique wird sich weiterhin konsequent für einen Ausbau der Bürgerrechte bzw. eine « simplification administrative » auch in derem Sinne einsetzen.
Begutachtung von Teilbebauungsplänen (PAP)
Unter der neuen Regierung wurde in Zusammenhang mit der Begutachtung von Teilbebauungsplänen (PAP) eine “plateforme de concertation” eingesetzt, im Rahmen derer Vertreter verschiedener Ministerien mit Gemeinden, Planungsbüros und Promotoren in einem frühen Stadium (Vorprojekt) über ein Siedlungsvorhaben diskutieren. Ziel ist es dabei, im Vorfeld der Planungen mit den betroffenen Akteuren über die Gestaltung und Genehmigungsbedinungen eines Projektes zu diskutieren. Der Mouvement Ecologique begrüßte diese Neuerung, erachtete aber eine Veröffentlichung der Kriterien, auf deren Basis die Projekte erarbeitet werden, als zentral im Hinblick auf eine Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen.
Umklassierung von Bauland in die Grünzone
Ein Austausch fand zudem über das sogenannte “Walferdinger Urteil” statt. Bei diesem geht es grundsätzlich darum, ob eine Gemeinde im PAG ausgewiesenes Bauland in eine Grünzone u.ä. umklassieren kann, ohne dabei a priori Ausgleichszahlungen leisten zu müssen. Einigkeit bestand zwischen Mouvement Ecologique und Innenministerium darin, dass das Urteil klar besage, dass der mit der Umklassierung verbundene Verlust für den Besitzer im Verhältnis des Nutzens für die Allgemeinheit stehen müsse. Dies bedeute jedoch nicht, dass automatisch eine Entschädigung fällig würde: vielmehr müsse von Fall zu Fall eine Abwägung über die Verhältnismäßigkeit zwischen öffentlichem Interesse der Umklassierung und dadurch entstandenen Nachteilen für den Eigentümer erfolgen.
“Zones inondables”
Was die “zones inondables” anbelangt, hat die Regierung jetzt einen aktualisierten Entwurf des Hochwasserrisiko-Managmentplanes sowie des “Entwurfes des Maßnahmenkataloges” vorgestellt: Siehe http://www.eau.public.lu/directive_cadre_eau/directive_inondation/index.html.
Einigkeit zwischen Innenministerium und Mouvement Ecologique bestand darin, dass es der einzelnen Gemeinde überlassen bleiben muss, inwiefern sie strengere Kriterien als die nationalen Anforderungen anwenden will. Immerhin würde die Gemeinde ja auch die Endverantwortung für die Siedlungsentwicklung in der Gemeinde tragen.
Reform der Gemeindefinanzen
Der Minister informierte zudem über den Stand der Dinge in Sachen “Reform der Gemeindefinanzen”. Dabei hob er erneut hervor, dass es seiner Meinung nach vorrangig wäre, Ungerechtigkeiten zwischen Gemeinden zu mindern was das Finanzaufkommen anbelangt. Dies würde für ihn eine Voraussetzung der Gemeindefinanzreform darstellen. Entsprechende Vorschläge werden vom Innenministerium demnächst vorgestellt. Der Mouvement Ecologique verwies seinerseits auf die Einbeziehung von Kriterien der regionalen Entwicklung in die Reform der Gemeindefinanzen. Außerdem müssten Aufgabenbereiche, die derzeit unzufriedenstellend geregelt sind, wie z.B. die Verpflichtungen der Gemeinden in Sachen Naturschutz, klarer geregelt werden.
Angesprochen wurde ebenfalls die Frage der Besteuerung von nicht mobilisiertem Bauland resp. leerstehenden Häusern. Für den Mouvement Ecologique ist es elementar vor der Ausweisung von neuem Bauland hier endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Grundsätzlich ist der Innenminister ebenfalls der Meinung, das Thema müsse im Rahmen der generellen Steuerreform (die ebenfalls die Reform der Grundsteuer beinhaltet) angegangen werden.
Sektorielle Pläne
In Sachen “sektorielle Pläne” begrüßte der Mouvement Ecologique die Bewusstseinsbildung, welche bei Gemeiden und BürgerInnen durch die Diskussion der letzten Monate entstanden ist. Konsens bestand darin, dass eine kohärentere Planung des Landes unabdingbar wäre, allerdings müsse dies auch im Dialog mit Akteuren, also vorrangig den Gemeinden, erfolgen. Was die Rolle des Inneministeriums anbelangt, so wurde im Besondern die Rolle der “zentralen Orte” (centres de développement et d’attraction – CDA) angesprochen, die laut Innenminister D. Kersch in Zusammenhang mit dem regionalen Umfeld gesehen werden sollte. Generell wäre eine regionale Herangehensweise bzw. eine regionale Zusammenarbeit sinnvoll.
Nachhaltige Siedlungsviertel
Festgestellt wurde, dass derzeit unterschiedliche Projekte erfolgen, um Kriterien und Prozesse neuer nachhaltiger Siedlungsviertel (quartiers, cités) zu definieren. Es sei notwendig, so die gemeinsame Feststellung, diese im allgemeinen Interesse, zusammenzuführen.