Réckstänn vu Pestiziden am Beiepollen zu Lëtzebuerg: Wou sti mäer? • Wat soen dës Analysen iwwert déi generell Belaaschtung duerch Pestiziden aus?

Am Mittwoch, den 29. Juni 2022, lud der Mouvement Ecologique zu einer Informationsveranstaltung zum Thema “Réckstänn vu Pestiziden am Beiepollen zu Lëtzebuerg“ im Oekozenter Pafendall ein.

Interessante Resultate der wissenschaftlichen Analyse

Als erster Redner stellte Dr. Marco Beyer in einer sehr gut verständlichen Form die Resultate von „BeeFirst“ vor, d. h. die „Biozid und Pflanzenschutzmittelrückstände im Pollen“, die im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums vom LIST (Luxembourg Institute of Science and Technology) durchgeführt wurden.

 

 

Zwischen 2012-2013 und 2018-2020 wurden dabei der von Honigbienen gesammelte Pollen auf 6-7 Bienenständen in Luxemburg untersucht. Die Standorte wurden zwischen den beiden Messperioden Richtung Landesinnere verschoben, um der Kritik, die Bienen würden eventuell Pestizide im Ausland „sammeln“, entgegenzuwirken.

Die Proben wurden zweimal im Monat zwischen April und August gesammelt. 115 verschiedene chemische Substanzen wurden dabei untersucht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

So wurden z. B. im Jahr 2020 insgesamt 190 Proben genommen, und auf 116 verschiedene Substanzen hin untersucht. Dies ergab dann 22.040 verschiedene Messungen, von denen 1,71 % Rückstände von einer Substanz enthielten.

Das klingt erst einmal ziemlich gering, liest sich aber anders, wenn man sich die Belastung einer Probe anschaut, d. h. des Pollens, welcher an einem Tag von einem Bienenvolk gesammelt wurde

 

Kritischere Kommentare zur heutigen Situation

Auf den Vortrag von Dr. Beyer folgte ein kurzer Vortrag von Roger Dammé vom Mouvement Écologique. Er stellte die Resultate des Pollen-Monitorings in den Kontext anderer verfügbarer Daten über Verkauf, Einsatz und Rückstände von Pestiziden in Luxemburg.

Das Landwirtschaftsministerium veröffentlicht jährlich Zahlen über den „Verbrauch von Pestiziden in der Landwirtschaft und im Weinbau“ sowie über die Behandlungsfrequenz der verschiedenen landwirtschaftlichen Kulturen. Beide Datensätze ergeben ein gutes Bild über den Pestizideinsatz in Luxemburg.

Wichtige Daten wären zudem die Verkaufszahlen von Pestiziden in Luxemburg. Da die Luxemburger Regierung (praktisch als einziges Land in der EU) diese Daten jedoch als vertraulich einstuft, erlauben die wenigen verfügbaren Daten keine Rückschlüsse über den Anteil am Verkauf von Pestiziden (Herbizide, Insektizide usw).

Das Gesundheitsministerium veröffentlicht seinerseits jährlich einen Bericht über die Rückstände von Pestiziden in Lebensmitteln. Daraus geht z. B. hervor, dass in Luxemburg produzierte Bio-Lebensmittel im Jahr 2020 zu 100 % frei von Rückständen waren (Staatliche Analysen zeigen: zu hohe Pestizidbelastung der Lebensmittel – n ur biologisch produzierte praktisch ohne Rückstände!), Erzeugnisse aus konventioneller Landwirtschaft sind jedoch zu 52 % belastet (in Luxemburg produzierte zu 39 %).==> siehe MECO Mitteilung evt Link?

Leider gibt es in Luxemburg weiterhin keine Daten über die Pestizid-Belastung der Bevölkerung, obwohl diese Maßnahme bereits 2017 von der Regierung im Aktionsplan Pestizide vorgesehen wurde. Dies ist aus Sicht des Mouvement Ecologique unverständlich, weil doch genau diese Analysen den Erfolg oder Misserfolg der angestrebten Reduzierung des Pestizidverbrauchs sichtbar machen würden.

Zu den Pollenanalysen hob Roger Dammé neben der sehr häufigen Belastung der landesweiten Proben (durchschnittlich 75 %) zusätzlich hervor, dass häufig (bei 23 % der Proben!) auch nicht zugelassene Pestizide nachgewiesen wurden. Bei den Neonikotinoiden belegen die Resultate erfreulicherweise, dass die Verbote dieser Substanzen weitgehend eingehalten werden und deren Belastung sinkt.

Die Resultate von den verschiedenen Bienenständen belegen außerdem größere regionale Unterschiede zwischen der Belastung von Bienenpollen in den verschiedenen Regionen.

Sehr bedenklich sind die Analyseergebnisse von einem Bienenstand mitten in der Stadt Luxemburg: Ging man allgemein davon aus, dass Bienen im Stadtgebiet weniger Pestiziden ausgesetzt seien, so belegen die Analysen das Gegenteil: eine überdurchschnittlich häufige Belastung des Pollens und den höchsten Nachweis an nicht zugelassenen Substanzen! Weil im weiteren Umfeld dieses Bienenstands kaum landwirtschaftliche Kulturen angebaut werden, liegt hier die Vermutung nahe, dass der private Einsatz von Pestiziden bzw. der Einsatz von Pestiziden auf privaten Grundstücken eine große Rolle spielt. Hier müssen unbedingt dringend wissenschaftliche Nachforschungen erfolgen, um die Quellen dieser nicht zugelassenen chemischen Stoffe zu ermitteln und einzustellen.

Auch wenn die Einzelnachweise der Messungen relativ gering erscheinen, so ist der Mouvement Ecologique doch der Meinung, dass die Information, dass 75 % der Proben dieser Studie belastet sind, die wesentliche Erkenntnis aus dieser Studie ist. Nicht die einzelne Messung einer Substanz, sondern die Gesamtbelastung der einzelnen Proben (Anzahl und Konzentration der verschiedenen Pestizide) ergeben ein Bild über die tatsächliche Belastung des Pollens, welchen die Bienen in den Bienenstock eintragen, um damit ihre Larven zu füttern.

 

 

 

 

 

 

Hervorstechende Resultate/Aussagen:

Fallende Insektizid –  Steigende Fungizidbelastung

 

Gruppiert man die Substanzen nach Fungiziden, Herbiziden und Insektiziden, so stellt LIST fest, dass die Belastung der Pollen durch Insektizide im Zeitraum 2012/2013 bis 2018-2020 gesunken, die Herbizid-Belastung stagniert und die Fungizide-Belastung angestiegen ist.

Als Erklärung für diesen Trend, gab Dr. Beyer u.a. an, dass Alternativen für die Verwendung vom Insektiziden einfacher umsetzbar seien, als jene für Fungizide.

 

 

 

 

 

 

Unterschiedliche Belastung im Jahreverlauf

Die „Zeitreihenanalysen“ belegen Rückstände von unterschiedlichen Substanzen im Jahresverlauf. Die Analyse der Herkunft der verschiedenen Pollen (z. B. Raps-, Spargel- oder Obstpollen) ermöglicht zum Teil den Ursprung einer Belastung an einer bestimmten Kultur festzumachen (zB. Azoxystrobin > Spargel, Boscalid > Raps).


Obst- und Gemüseanbau – Gefahr einer höheren Belastung

Interessant war die Aussage von Dr.  Beyer, dass ein vermehrter (konventioneller) Anbau von heimischem Obst und Gemüse das Risiko eines häufigeren Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bergen würde. Dies da der Pestizideinsatz im konventionellen Obst-und Gemüseanbau höher sei, als z. B. im Getreideanbau.

Dieser hohe Pestizideinsatz ergebe sich aber auch daraus, dass die Konsumenten beim Obst und Gemüse „makellose“ Produkte erwarteten, welche nur durch einen hohen Pestizideinsatz erbracht werden könnten.

 

Anschließende Diskussionsrunde: Anregender Austausch

Auf die beiden Präsentationen folgte ein Rundtischgespräch mit Marc Weyland, Direktor der ASTA, Jacques Engel Chargé d’études Produits phytosanitaires-législation bei der ASTA, Alexandra Arendt, Vertreterin des Lëtzebuerger Landesverband fir Beienzuucht sowie den beiden Vortragenden.

Marc Weyland und Marco Beyer bestätigten, dass die Resultate der Pollenanalysen von 2021 in Kürze veröffentlicht werden und auch darüber hinaus weitergeführt werden.

Einige zentrale Aussagen des Rundtischgesprächs:

  • Verbot des Pestizideinsatzes von Privatpersonen

Während der streng kontrollierte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft unter bestimmten Bedingungen kurz und eventuell auch mittelfristig noch erklärt werden kann, ist der Mouvement Ecologique der Meinung, dass der Einsatz von Pestiziden in privaten Gärten und Parkanlagen keinen haltbaren Grund hat und verboten gehört, wie dies schon seit 2016 auf öffentlichen Flächen der Fall ist.

Dementsprechend sollte das « Règlement grand-ducal du 9 février 2022 modifiant le règlement grand-ducal du 26 septembre 2017 relatif à la vente, à l’utilisation et au stockage des produits phytopharmaceutiques » angepasst werden.

Zum Verkaufsverbot von Pestiziden an Privatleute verwies Marc Weyland auf das « Règlement grand-ducal du 9 février 2022 modifiant le règlement grand-ducal du 26 septembre 2017 relatif à la vente, à l’utilisation et au stockage des produits phytopharmaceutiques », welches den Verkauf ab 2024 an strenge Auflagen koppelt.

 

  • Kontrolle des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft

Die Kontrolle des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft erfolgt zwar regelmäßig (Stichproben nach Zufallsprinzip & Schwerpunktstichproben nach Kulturen oder Substanzen bzw. auf Verdacht) aber praktisch nur auf Basis von Dokumenten. Analysen / Proben werden kaum genommen. Bei Verstößen riskiert der/die Landwirt:in einen Teil seine/ihrer Prämien zu verlieren.

Der Pestizideinsatz von Gärtnerbetrieben wird nicht kontrolliert, sie müssen aber auf Nachfrage einen sogenannten „Spritzpass“ vorzeigen. Gerade bei den von Garten- und Landschaftsgärtner Betrieben besteht laut Aussagen der ASTA bedauerlicherweise keine weitere Kontrollmöglichkeit oder gar repressive Mittel wie Strafen.

  • Vereinfachung der Kontrolle der Belastung von Honig

Roger Dammé schlug den Vertretern des Landwirtschaftsministeriums weiterhin vor, den Imkern die Möglichkeit anzubieten, ihre Produkte auf Pestizidrückstände hin untersuchen zu können. Dies, damit diese ausschließen können, mit Pestiziden belastete Produkte (Pollen & Honig) zu verkaufen bzw. ihre Bienenstöcke an einen Standort zu platzieren, an welchem sie eventuell weniger Pestiziden ausgesetzte sind.

  • Einsatz von Bioziden durch Imker

Aus dem Publikum wurde die Frage gestellt, weshalb die Imker weiterhin in ihren Bienenvölkern synthetische Biozide gegen die Behandlung der Varroamilbe einsetzen. Sinnvoller wäre es doch gänzlich auf diese Mittel zu verzichten, welche ebenfalls zu Rückständen in den Bienenprodukten führen können. An die Vertreterin der FUAL und die Veterinärverwaltung ging die Aufforderung, die Zahlen über den Einsatz dieser Biozide durch die Imker zu veröffentlichen. Auch wurde der Vorschlag gebracht, dass alle in der FUAL zusammengeschlossenen Imker auf synthetische Biozide in Zukunft verzichten sollten.

  • Ausstieg aus der Verwendung von Pestiziden

Schlussfolgernd wurde die Frage gestellt, warum nicht ganz aus den synthetischen Pflanzenschutzmitteln ausgestiegen wird. Antworten hierauf waren u. a., dass:

  • es nicht möglich sei, einen globalen Konsens für diese Entscheidung zu finden und andere Prioritäten bestünden
  • es eine starke Industrie gäbe, welche andere Interessen vertreten würde
  • unser aktuelles Konsumverhalten einen Ausstieg aus den synthetischen Pestiziden nicht erlaben würde und
  • ein Ausstieg aus den Pestiziden nur durch einen höheren manuellen Arbeitsaufwand kompensiert werden könne.

Dr. Marco Beyer merkte an, dass falls der Einsatz bestimmter Substanzen über ein Gesetz verboten würde, unbedingt daran gedacht werden müsse, eine Ausnahme für die Forschung gesetzlich zu verankern. Verschiedene Substanzen, welche im Pflanzenschutz eingesetzt werden, haben chemische Verwandte, die in der Medizin z.B. zur Behandlung von Pilzinfektionen benutzt werden

  • Reform von Restopolis

Die Frage, warum der Staat nicht zumindest sicherstellt, dass in öffentlichen Einrichtungen unbelastete Lebensmittel genutzt werden, was mit über 45.000 Gerichten täglich ein sehr wichtiger Schritt wäre, blieb unbeantwortet. Dabei stellt die Reform von Restopolis (siehe: Restopolis reell reforméiere – amplaz just e neien Ustrach ze ginn! ) eine wichtige Chance dar, dies sicherzustellen.

 

 

14.07.22