Nachhaltige Entwicklung
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Pressemitteilung: Stellungnahme von Greenpeace Luxemburg, dem Mouvement Écologique, natur&ëmwelt, SOS Faim, der Vereenegung fir Biolandwirtschaft Lëtzebuerg und dem CELL zum Agrarsommet und Agrargesetz

Luxemburg, 25. Januar 2023 – Am Donnerstag, dem 26. Januar treffen sich Regierungsvertreter:innen, inklusive Premierminister, und die Interessenvertreter:innen der Landwirtschaft auf Schloss Senningen zum Agrarsommet.

Das Landwirtschaftsministerium begrenzt in Zeiten, in denen die Landwirtschaftspolitik eng mit Fragen des Klima-, des Biodiversitäts- und des Verbraucherschutzes verbunden ist, den Austausch erneut auf den „klassischen“ Kreis landwirtschaftlicher Akteure und unterbindet somit erneut einen reellen breiteren Austausch über die zukünftige Landwirtschaftspolitik sowie die Verwendung von hunderten Millionen an Steuergeldern.

Da die Orientierung der Landwirtschaftspolitik nicht nur von eminenter Bedeutung für die direkt betroffenen Landwirte und Landwirtinnen ist, sondern auch für den Klima-, Biodiversitäts- und Verbraucherschutz, müssten auch  Vertreter und Vertreterinnen aus diesen Bereichen anwesend sein.

Nur wenn verschiedene Perspektiven und Anliegen einfließen, können wirklich tragfähige Perspektiven ausgearbeitet werden.

Zusätzlich steht das Luxemburger Agrargesetz kurz vor seiner Verabschiedung im Parlament und der Landwirtschaftsminister präsentierte kürzlich noch Änderungen.

Es ist demnach äußerst fragwürdig, ob geplant ist, dass auf dem “Agrarsommet” noch wesentliche Verbesserungen durchgeführt werden können, zumal die Anregungen der verschiedenen Akteure seit langem bekannt sind.

 

Ein Bündnis aus Greenpeace Luxemburg, dem Mouvement Écologique, natur&ëmwelt, SOS Faim, der Vereenegung fir Biolandwirtschaft Lëtzebuerg und dem CELL fordert, dass die Diskussionen nach diesem „Sommet“ nicht abgeschlossen sein dürfen und der Entwurf in wesentlichen Aspekten reformiert wird. Das Parlament sollte eine Reform verabschieden, die die Entwicklungs- und Einkommensperspektiven der Produzent:innen im Rahmen der naturgegebenen Grenzen ermöglicht. Dies ist derzeit nicht der Fall. Im Übrigen werden auch die Empfehlungen der EU-Kommission, die diese im Rahmen des Entwurfs des nationalen Strategieplanes formuliert hat, kaum aufgegriffen.

 

Trotz diverser vorliegender Studien (z.B. des Wasserwirtschaftsamtes, der die erhebliche Belastungen der Gewässer durch landwirtschaftliche Aktivitäten aufzeigt, oder Berichte des “Observatoire de l’environnement naturel”, in welchen die Folgen auf die Biodiversität skizziert werden), sowie Zusammenkünften mit der Zivilgesellschaft, hat das Landwirtschaftsministerium keinen Entwurf zum Agrargesetz vorgelegt, der den Anforderungen an den Klima- und Biodiversitätsschutz gerecht wird. Zudem wird den Bauern und Bäuerinnen sowie der Landwirtschaft im Allgemeinen, nach Ansicht der unterzeichnenden Organisationen, keine wirklich nachhaltige und zukunftsorientierte Perspektive gegeben.

 

Auch der Dialog mit der Zivilgesellschaft und den Produzenten und Produzentinnen war bisher zweifelsohne mangelhaft bis ungenügend und bot den Bauern und Bäuerinnen, mangels einer klaren Vision und der Missachtung von Studien und Analysen, keine vernünftigen Maßnahmen oder kohärente Finanzierungsprogramme. Notwendig ist eine Nachbesserung des Gesetzes mit dem Ziel, dass sich die zukünftige Entwicklung der Betriebe an den natürlichen Ressourcen und deren Tragfähigkeit orientiert und die Vorgaben und Förderprogramme entsprechend umgestaltet werden müssen.

 

Die unterzeichnenden Organisationen können deshalb verstehen, wenn Vertreter:innen der Landwirtschaft, aus Mangel an realisierbaren Alternativen und um ihr Bestehen zu sichern, eine Beibehaltung der intensiven Milchwirtschaft weiterhin als ökonomisch sinnvoll erachten. Gerade um derartige Alternativen in den kommenden Jahren voranzutreiben, drängen sich Verbesserungen am Entwurf weiterhin auf.

 

Das Ziel des Bio-Aktionsplanes, bis 2025 20 % Biolandwirtschaft zu erreichen, wird bis dahin ebenfalls nicht zu schaffen sein. Dies auch, da das Landwirtschaftsministerium den Biolandbau nach wie vor gegenüber der konventionellen Landwirtschaft benachteiligt. Daran wird auch das neue Agrargesetz wenig ändern. Der vorliegende Entwurf würde vielmehr zur Folge haben, dass der Biolandbau weiterhin sträflich vernachlässigt wird. Der Biologische Landbau sollte jedoch, nach Ansicht der unterzeichnenden Organisationen, als Leitbild für eine neue Agrarpolitik stehen, da er viele Probleme der aktuellen Landwirtschaft und deren negative, globale Auswirkungen lösen oder mindern kann. Es braucht ein klares Bekenntnis aller politischen Entscheidungsträger:innen Verantwortung für die Biolandwirtschaft zu übernehmen – und zwar JETZT! Die aktiven Biolandwirte und Biolandwirtinnen brauchen eine weitaus stärkere Anerkennung ihrer Leistung, der Umstieg konventioneller Landwirte und Landwirtinnen auf den Biolandbau muss attraktiv sein und weitaus stärker gefördert werden. Die  Verantwortung zum Ausbau des Biolandbaus kann nicht von der Politik auf den Konsumenten durch seine Kaufentscheidungen übertragen werden. Dies greift viel zu kurz und bedeutet, dass die Politik der Verpflichtung gegenüber ihrer selbstgesteckten Ziele und damit gegenüber der Gesellschaft nicht nachkommt. Die Leitlinie der Landwirtschaftspolitik sollte deshalb “Biolandbau” UND Regionalität lauten. Den Fokus, wie bis dato, in diesem Ausmaß auf die Regionalität – die lediglich die räumliche Distanz eines Lebensmittel definiert – zu legen, ist in Zeiten, in denen die Landwirtschafts- und Ernährungspolitik krisenbedingt im Fokus steht, geradezu sträflich.

 

Die EU hat die Umweltproblematiken (Artensterben, Klimagas- und Ammoniakemissionen, Wasserverschmutzung) erkannt und in der Farm – to – Fork – Strategie vorgesehen, dass die Lebensmittelproduktion und ihre Subventionierung an Umwelt- und Klimaziele gekoppelt wird. Dieser richtige Ansatz kann auf Ebene der Mitgliedstaaten individuell umgesetzt werden. Die EU sieht ebenfalls im Ausbau der biologischen Landwirtschaft eine passende Strategie und verfolgt daher das Ziel, bis 2030 EU-weit 25 % Biolandwirtschaft zu erreichen. Konventionellen Betrieben soll in der biologischen Landwirtschaft eine Perspektive geboten werden. Diese Chancen wurden von den politisch Verantwortlichen hierzulande bislang nicht aufgegriffen, – Reformen im Entwurf des Agrargesetzes drängen sich deshalb auf.

 

Zusätzlich haben sich die Bedingungen für eine Subventionsberechtigung verschärft. Die Bäuerinnen und Bauern sehen sich immer weniger als Lebensmittelproduzenten und kritisieren eine Übergewichtung des Umwelt- und Klimaschutzes. Dabei zeigt die Biodiversitätsstudie  des “Observatoire de l’environnement de naturel” eindeutig, dass Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität, des Klima- und des Wasserschutzes absolut notwendig sind. Viele Maßnahmen werden auch von den Bäuerinnen und Bauern gerne angenommen, jedoch stehen sie oft in Konflikt mit den Produktionszielen der Betriebe. Notwendig sind  Reformen, die eine flächengebundene Landwirtschaft, die Entlohnung von Leistungen der Landwirte und Landwirtinnen usw. in den Fokus rücken.

Luxemburg braucht in der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik endlich einen Fahrplan für die Zukunft. Ziele, und vor allem der Weg dahin, brauchen Definitionen und Fristen, die nur und ausschließlich im gesamtgesellschaftlichen Dialog entschieden werden können. Es dürfen nicht weitere fünf Jahre vergeudet und hunderte Millionen z.T. fehlinvestiert werden.

 

Kontakt:

Raymond Aendekerk – Greenpeace Luxemburg | raymond.aendekerk@greenpeace.org | (+352) 661 546 252

Daniela Noesen – Biovereenegung Lëtzebuerg | noesen@biovereenigung.lu | (+352)  691 292 868

Blanche Weber – Mouvement Ecologique  | blanche.weber@oeko.lu  | (+352) 43 90 30 31

25.01.23