#4 De Podcast Ouerestëppler: Wie viel ist genug?

Gut leben, ohne die Lebensgrundlagen in Frage zu stellen: die Rolle des Lebensstils
Als letzte Abendveranstaltung im Rahmen der Konferenzserie zur „sozial-ökologischen Transition“ fand am Dienstag, dem 6. Mai ein Vortrag zum Thema „Weniger ist mehr“ statt. Der Referentin gelang es das Thema sowohl aus psychologischer als auch aus konkreter praktischer Sicht darzulegen. Das Reinhören in den Podcast lohnt sich.
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Zur Konferenz:
Referentin war Dr. Elisbath Dütschke des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung, welche das äußert interessante EU-Projekt „FULFILL“ (Fundamental decarbonisation through sufficiency by lifestile changes) vorstellte.
Dabei steht die Frage der „Suffizienz“ im Fokus: wie lässt sich, im Respekt der ökologischen Grenzen des Planeten, gut leben? Es gelang der Referentin sowohl psychologische als auch politische
Aspekte dieses so wichtigen Themas anregend darzulegen.
Damit die sozial-ökologische Transition gelingen kann, sei folgender Dreiklang notwendig:
• Benötigt werden ökologischere Technologien, also z.B. Solarenergie statt fossiler Energie. Derartige Veränderungen werden unter dem Begriff „Konsistenz“ zusammengefasst („gleich, aber besser“).
• Wichtig ist es aber auch effizienter zu produzieren und zu haushalten, also z.B. energiesparendere Haushaltsgeräte zu nutzen. Diese Entwicklungen werden unter dem Begriff „Effizienz“ zusammengefasst („mehr bei gleichem Einsatz“).
• Die dritte Dimension ist jene der Suffizienz: Es geht darum, nicht nur Technologien zu verändern und zu verbessern, sondern auch darum, anders zu leben. Diese dritte Dimension wird in der politischen und gesellschaftlichen Aktualität aber weniger angesprochen. Allerdings, und bei Wissenschaftler:innen im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung gibt es diesbezüglich einen Konsens: es wird uns nicht gelingen, eine nachhaltige Zukunft zu gestalten, ohne auch diese dritte Dimension stärker zu berücksichtigen! Sowohl der Weltklima- als auch der Weltbiodiversitätsrat legen dies eindringlich dar.
Dr. Elisabeth Dütschke führte u.a. folgende Überlegungen zum Thema an:
– Viele Ideen, die man unter „Suffizienz“ zusammenfasst, sind bereits bekannt. Z.B. weniger Fleisch essen, keine „übertrieben“ großen Wohnflächen, Fahrrad, zu Fuß gehen und öffentlicher Transport statt Autoverkehr …. Diese Aspekte der Suffizienz greifen direkt in unseren Lebensstil ein.
– Derzeit leben ihrer Aussage nach, etwa 25% der Menschen „suffizient“. Etwa die Hälfte aus Überzeugung, die anderen aber, da sie einfach nicht die entsprechenden finanziellen Mittel haben um einen „nicht suffizienten“ Lebensstil zu betreiben. Während die einen den suffizienten Lebensstil genießen, wird er von den anderen als Last empfunden, da er ihnen aus einer Notsituation auferlegt wird.
– Es sei wichtig, die Suffizienz und das Wohlbefinden der Menschen zusammen zu führen.
– Die Mehrzahl der Menschen bekenne sich heute noch nicht zum Prinzip der Suffizienz. Dabei gebe es aber viele Unentschlossene. Die Vergangenheit zeigte, dass Änderungen im Lebensstil durchaus (z.T. nachträglich) als bereichernd empfunden werden und dann auch weiter erfolgen (z.B. das Verbot vom Rauchen in öffentlichen Gebäuden).
– Bestimmte Grundvoraussetzungen müssten jedoch gegeben sein, damit die Menschen sich mit auf den Weg der Suffizienz begeben. Z.B. sei es unerlässlich, dass der politische Rahmen / entsprechende Angebote wie z.B. bestimmte Infrastrukturen gegeben sind. Stichworte sind sichere Radwege, Angebot von gutem vegetarischem Essen in Kantinen… Dabei wies die Referentin u.a. darauf hin, dass: „Die Unterstützung steigt mit der Vertrautheit und dem Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger“.
– Elisabeth Dütschke stellte folgende Stufen auf dem Weg hin zu einem suffizienten Lebensstil an: Zuerst ist eine Diskussion erforderlich (wollen wir mehr Rad fahren?), die Idee wird aufgergiffen – dann werden „alltagsgerechte“ Lösungen entwickelt (verschiedene Radwege angelegt) – nächste Phase wäre die „Strukturveränderung (also Radplanung als Element der Mobilitätsplanung) – darauf folgte die generelle Verbreitung bis das Anliegen zur Normalität wird.
– Nicht zuletzt wies die Referentin darauf hin, dass es wichtig sei, die „großen Hebel“ zu nutzen. Sprich: den Fokus bei der Diskussion darauf zu legen, welche Veränderungen wirklich hilfreich sind (aus Sicht der nachhaltigen Entwicklung und des Wohlbefindens der Menschen) und sich nicht auf Nebenschauplätzen zu verlieren.
Der Referentin gelang es, die verschiedenen Perspektiven sowie wichtige Aspekte zur Umsetzung der Suffizienz darzulegen. Dabei stand auch der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit sowie der Care-Arbeit, die häufig von Frauen geleistet wird, im Fokus.
Und wie so oft waren nachher beim „Patt“ spannende Gespräche.
Das Video zum Vortrag: