Landesplanung – Urbanismus
  • Print Friendly


Webinar: Eis Stied an Dierfer fit fir d’Klimaverännerunge maachen! – Duerchgréngung an Entsigelung géint Hëtztinselen an Iwwerschwemmungen…

…so der Titel des Webinares, welches am Montag, den 24. April 2023 im Rahmen der Kampagne „Méi Gréngs an eise Stied an Dierfer“ stattfand.

Organisiert wurde das Webinar vom Mouvement Ecologique und Oekozenter Pafendall, in Zusammenarbeit mit dem Klima-Bündnis Lëtzebuerg und mit der finanziellen Unterstützung des Ministeriums für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung.

In ihrer Einführung, machte die Verantwortliche für Biodiversität und Umweltschutz beim Movement Ecologique, Michelle Schaltz, deutlich, dass  vor allem der Klimaschutz weiter die Priorität Nummer eins sein muss, wenn von Klimapolitik gesprochen wird.

 

Klimaanpassung in Städten und Dörfern

Darüber hinaus muss aber auch die Klimaanpassung konsequent angegangen werden. Die Klimaveränderungen sind mittlerweile auch bei uns spürbar und werden in den nächsten Jahren voraussichtlich zunehmen. Der letzte Sommer war der zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1838. Es war der Sommer mit den meisten Sommertagen (über 25 Grad) und mit den meisten Hitzespitzen (über 30 Grad). „Die Hitzewellen und der anhaltende Regenmangel seit März führte zu einer beispiellosen Trockenheit“, das schreibt der service météorologique national der ASTA in seiner Zusammenfassung der Aufzeichnungen von 2022.

Diese Klimaveränderungen haben natürlich einen großen Impakt auf die Landwirtschaft, auf die Wälder und andere naturnahe Lebensräume sowie Wasserhabitate und Reserven. Alles Bereiche, die uns Menschen und unsere Lebensweise direkt oder indirekt beeinflussen.

Ganz unmittelbar begegnen die meisten Menschen den Klimaveränderungen jedoch dort, wo sie arbeiten und wohnen: in unseren Städten und Dörfern.

Durch Versiegelung und Bebauung sowie energieintensive Aktivitäten wird die Erhitzung in den Städten und Dörfern noch gesteigert. Städte aus Beton und Asphalt erhitzen sich stärker am Tag als das umliegende Offenland und kühlen in der Nacht weniger schnell ab. Die Versieglung und der Verlust an offenem Boden und Pflanzen verhindern auch die Versickerung und Verdunstung von Regenwasser und begünstigen Überschwemmungen bei Starkregenereignissen. Die Lebensqualität sinkt und für vulnerable Personengruppen entsteht ein lebensbedrohliches Umfeld.

Städte und Dörfer müssen sich mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen und Maßnahmen ergreifen, um ihnen entgegenzuwirken.

Wie diese Auseinandersetzung aussehen kann, und welche Maßnahmen ergriffen werden können bzw. müssen, dazu lieferte das Webinar einige Antworten.

 

Kartenspiel zeigt Bandbreite von Klimaanpassungsmaßnahmen auf

Lex Faber, Koordinator der Cellule nationale d’Information pour la Politique Urbaine (CIPU), stellt die Arbeiten und Erkenntnisse des CIPU zum Thema Klimaanpassung in der Stadtentwicklung vor. Die CIPU hat sich vor allem in den Jahren 2020 bis 2022 mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Aufzeichnungen des Online-Colloques „Stadt , pass ’ dich an!“ können auf der Internet-Seite der CIPU eingesehen werden. Neben zwei Workshops, wurde auch ein Kartenspiel zum Thema „Klimawandelanpassung in städtischen Räumen“ erstellt. Es beinhaltet 29 Maßnahmen, aufgeteilt in 5 Kategorien, welche Gemeinden und Planer die vielseitigen Möglichkeiten aufzeigen soll und ihnen erlaubt die Maßnahmen je nach Kontext auszuwählen bzw. zusammen zu stellen. Zu den Schlussfolgerungen der Workshops gehörte z.B. die Festlegung von Richtwerten für Flächenfreihaltung und Grauwassernutzung über die kommunalen Reglemente, sowie der konsequente Schutz und die Freihaltung von natürlichen Retentions- und Überschwemmungsgebieten.

 

Klimapakt, Naturpakt und PactLogement

Bruno Barboni, Leiter der Abteilung „Pactes avec les communes“ der Klima-Agence, erläuterte inwiefern die drei Pakte – Klimapakt 2.0, Naturpakt und PactLogement – in ihren großen Zügen Bemühungen im Bereich Klimaanpassung unterstützen. Besonders hervorgehoben wurden die Maßnahmen 1.1.3 Klimaanpassungskonzept und 1.2.3 Klimaanpassungsplanung des Klimapaktes, welche bis dato von knapp 50 % bzw. 40 % der 59 zertifizierten Gemeinden ausgewählt wurden (wobei es sich eher um Gemeinden handelt, welche insgesamt einen hohen Zertifizierungsstatus erreicht haben). Auf die Frage einer Teilnehmer:inn, ob die Klima-Agence den Gemeinden eine Vorlage für das Klimaanpassungskonzept bzw. die -strategie zur Verfügung stelle, erwiderte Herr Barboni, dass es zwar Vorgaben gäbe, das Konzept/die Strategie aber individuell von der Gemeinde, im Austausch mit dem/ der Klimaberater:inn ausgearbeitet werden muss. Er erwähnte auch die Möglichkeit, sich zu mehreren Gemeinden zusammen zu schließen um gemeinsam ein Konzept oder eine Strategie auszuarbeiten. Diesen Weg sind z.B. die SIAS-Gemeinden Niederanven, Contern, Sandweiler und Schuttrange gegangen, wie es Kevin Becker, vom Service technique der Gemeinde Niederanven nach den Vorträgen kurz erläuterte. Unter folgendem Link finden Sie den „Klimaupassungskonzept Endbericht” sowie den „Endbericht Moossnamekaart“ der Gemeinde Niederanven.  https://www.niederanven.lu/lu/emwelt/klimapakt/ziler-2030

Neben den Maßnahmen 1.1.3 und 1.2.3, enthalten vor allem Klima- und Naturpakt weitere Maßnahmen, welche der Klimaanpassung und Durchgrünung der Ortschaften zugutekommen. Des Weiteren können Gemeinden im Rahmen des Klimapaktes, über die thematische Zertifizierung „Klimawandelanpassung“ eine einmalige Prämie von 10.000€ erhalten. Bis jetzt hat jedoch noch keine Gemeinde diese Auszeichnung erhalten.

Thematisiert wurde auch die Notwendigkeit, die Maßnahmen der Pakte auf ihren tatsächlichen Nutzen für den Klimaschutz/-anpassung resp. den Naturschutz zu evaluieren.

Die Vorträge von Lex Faber und Bruno Barboni wurden aufgezeichnet (Info: und sind auf www.meco.lu einsehbar):

 

Anregungen aus dem Ausland: Klimaanpassungskonzept – & Strategie Freiburg im Breisgau

Silke Schlegelmilch, Grünordnungsplanerin und ehemalige Projektleiterin des Klimaanpassungskonzepts Hitze, und Verena Hilgers, Klimaanpassungsmanagerin der Stadt Freiburg im Breisgau, stellten das Klimaanpassungskonzept und die Klimaanpassungsstrategie der Stadt Freiburg vor.

Frau Hilgers machte am Beispiel der Stadt Freiburg deutlich, warum es für Städte und Gemeinden unerlässlich ist, sich mit dem Thema der Klimaanpassung auseinander zu setzen und konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Dabei stellte sie klar, dass die Handlungsfelder der Klimaanpassung sehr vielseitig sind und der Siedlungsraum zwar ein wichtiger, jedoch nur ein kleiner Teil dieses Handlungsraums ist. Frau Schlegelmilch ging weiter auf das Klimaanpassungskonzept „Hitze“ der Stadt Freiburg ein. Dieses wurde bereits 2016-2018 erarbeitet. Hervorzuheben ist hier, dass der Vorschlag/die Anfrage ein solches Konzept zu erstellen, vom Stadtplanungsamt vorgebracht wurde. Der Vorschlag kam im Rahmen der Überarbeitung des Flächennutzungsplans, für welches das Klimaanpassungskonzept als fachliches Gutachten als unbedingt nötig eingestuft wurde. Die Anwendung ist aber viel breiter und geht über den Flächennutzungsplan hinaus.
Ausgearbeitet wurde das Konzept vom Stadtplanungsamt in Zusammenarbeit mit dem Umweltschutzamt und dem Garten- und Tiefbauamt, und im Auftrag des Gemeinderates, der es 2019 verabschiedete.
Des Weiteren erläuterte Frau Schlegelmilch, dass es sich bei dem Klimaanpassungskonzept um eine Art Fachgutachten handelt, das vor allem für die städtebauliche Planung dient und räumliche Aussagen und Empfehlungen formuliert, jedoch nicht mit anderen Fach-Belangen abgewogen ist. Es formuliert keine Ziele und gibt keinen Zeit- und Finanzierungsplan vor.

Das Klimaanpassungskonzept setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen:

  • Eine Klimaanalyse, welche die wichtigsten Klimaparameter modelliert (Temperatur, bioklimatische Belastung, Windgeschwindigkeit und -richtung, Kaltluftvolumenstrom) und Klimaprojektionen auf das Stadtbild projektiert.
  • Eine Vulnerabilitätsanalyse, welche aufzeigt, wo Hitze auf besonders sensible Strukturen (z.B. Schulen, Altersheime, etc..) trifft und so mögliche „Hot Spots“ identifiziert. Zu ausgewählten Hot-Spots wurde jeweils ein Steckbrief erarbeitet, in welchem Empfehlungen für planerische Tätigkeiten formuliert werden.
  • Ein Maßnahmenkatalog mit 37 Maßnahmesteckbriefen, unterteilt in die Bereiche: Grün- und Freiraumsystem, Stadt- und Gebäudestrukturen, Mobilität und Wasser im Stadtraum.
  • Eine Definition von 10 Stadtstrukturtypen, mit 10 Maßnahmeportfolios.

Kernstück des Konzepts ist aber der Maßnahmenplan, eine Maßnahmekarte, welche für die betroffenen Bereiche raumkonkrete Empfehlungen gibt (So z.B. die Einrichtung neuer Pocket Parks oder Baumpflanzungen).

Das Klimaanpassungskonzept findet Anwendung in:

  • der formellen Planung (Flächennutzungsplan & Bebauungsplänen),
  • der informellen Planung (städtebauliche Rahmenpläne, städtebauliche Wettbewerbe, Standortsuchen und Fachkonzepte),
  • der Planung, Ausschreibung und Umsetzung von städtischen Gebäuden und Flächen (Gestaltung öff. Grün- und Verkehrsflächen, Spielplätze, Kindergärten, Schulen und sonstiger Verwaltungsgebäude),
  • der Sensibilisierung und Wissensvermittlung (private Flächeneigentümer, Fachakteure der Planung & Immobilienwirtschaft), bei der Beurteilung von Anträgen (Bauanträge, Anträge Baumfällung),
  • der Ausarbeitung von Förderungsprogrammen (z.B. Dach-, Fassadenbegrünung & Entsiegelung).

Ein wesentlicher Punkt, ist der, dass über das Klimaanpassungskonzept, klimarelevante Aspekte zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Planung thematisiert werden und somit auch Berücksichtigung finden können. So kann z.B. der Erhalt von einem wertvollen Baumbestand mit Verweis auf das Klimaanpassungskonzept argumentiert werden.

Seit 2022 ist auch ein Klimaanpassungskonzept Regenwasser in Ausarbeitung. Über dieses soll z.B. der Rückhalt und die Speicherung von Regenwasser verbessert werden um, dieses den Grünflächen und – Strukturen zur Verfügung zu stellen. Ein Vorhaben, welches bei Neuplanungen durchaus realisierbar ist, im Bestand aber deutlich anspruchsvoller/schwieriger ist. Wegen der heißen und vor allem trockenen Sommern ist es zunehmend schwieriger Bäume zu erhalten. Hier müssen die Baumstandorte so angepasst werden, dass sie dem Baum möglichst viel Platz, Wasser und Luft zur Verfügung stellen. Die Stadt Freiburg hat sich auch damit abgefunden, dass Grünflächen oder z.B. auch die grünen Straßenbahngleise, im Sommer nicht grün, sondern eher braun sind. Es wäre unverantwortlich sie mit Trinkwasser zu bewässern, da dieses in den heißen und trockenen Perioden eh schon knapp ist.

Frau Hilgers ging dann im Detail auf die Klimaanpassungsstrategie ein. 2021 entschied der Gemeinderat der Stadt Freiburg, auf Initiative und Aufforderung der Gemeindeämter, die Klimaanpassungsstrategie zu aktualisieren. Die Situation sollte neu bewertet, mit strategischen Zielen, einem konkreten Maßnahmenplan, sowie einem Finanzierungsplan unterlegt werden. Diese Strategie wird Ämterübergreifend von einer internen Projektgruppe ausgearbeitet. Parallel zu der Ausarbeitung der gesamtheitlichen Strategie werden aber weiterhin Maßnahmen des Klimaanpassungskonzeptes Hitze und Regenwasser umgesetzt.

Weder das Klimaanpassungskonzept noch die Klimaanpassungsstrategie sind rechtsverbindlich. Sie stellen sicher, dass klimarelevante Aspekte in dem Entscheidungs- und Planungsprozess berücksichtigt werden und helfen bei der Argumentation, werden aber immer auch mit anderen Belangen abgewägt. Womit eine Gemeinde aber Rechtsverbindlichkeit schaffen, kann sind Satzungen. Z.B Gründachsatzung oder allgemein Grünraumsatzungen. Die Ausarbeitung und Verabschiedung einer oder mehrere solcher Satzungen wäre z.B. auch eine mögliche Maßnahme der Klimaanpassungsstrategie. Nach dem Motto: wir nehmen uns vor, bis zum Jahr XY eine solche Satzung zu beschließen.

Flächige Maßnahmen, wie z.B. die Identifikation des Entsiegelungspotentials auf dem gesamten Stadtgebiet und auch die Umsetzung, heißt kleinräumig zu entsiegeln, erfolgen bei der Stadt Freiburg z.B. auch über Drittmittelgenerierung.

 

 

04.05.2023