Naturschutz Land- und Forstwirtschaft
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Wald und Wild – Wälder als Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel: Die Rolle des Jägers

Am 20. März luden Mouvement Ecologique und FSC zur Besichtigung eines Waldmassivs in Mompach ein.

Leiter der Wanderung waren der Biologe Roger Schauls und der Förster Marc Parries. Auf den Mergelschichten des geologischen Untergrundes haben sich im Laufe der Jahrtausende tonige, kalkreiche Böden entwickelt, welche im Volksmund als schwere Böden bezeichnet werden. Niederschläge dringen nur langsam in die tieferen Bodenschichten ein, trockene warme Sommer lassen sehr schnell tiefe Trockenrisse entstehen, welche die oberflächennahen Wurzeln der Holzarten schwer beschädigen können. Die natürliche Waldgesellschaft auf derartigen Böden ist der Stieleichen-Hainbuchenwald, ein artenreicher, gut strukturierter Wald. Nebst Eiche in der oberen Baumschicht und Hainbuche in einer unteren sind Feldahorn, Elsbeere und Esche vertreten. Die Strauch- und Krautschichten sind ebenfalls sehr artenreich, Weißdorn, Feldrose, … nebst dem Jungwuchs, machen den Charme dieser hervorragend an den Standort und die Herausforderungen des Klimawandels angepassten Pflanzengesellschaft aus.

Leider ist diese natürlich hier stockende Waldgesellschaft jedoch stark durch die extrem hohe Dichte von Hirschen, Rehen und Wildschweinen geschädigt. Die Verjüngung von Eichen und Hainbuchen wird stark verbissen, Feldahorn, Eschen kommen überhaupt nicht mehr hoch, derweil sich die zahllosen Wildschweine über die Eicheln hermachen. Auch die Schäden an den Begleitbaumarten sind extrem.

Neben dem Verbiss der Knospen und dem Schälen der Rinde entstehen auch große Schäden an den jungen Stämmen beim Fegen, d. h. den Reviermarkierungen, welche beim Abschlagen der Knochenhaut der Geweihe entstehen.

Mardelle: Eigentlich sollte das Wasser einer solchen Mardelle fast klar sein. Wasserpflanzen würden sich ansiedeln, es würde von Fröschen und ihrem Laich nur so wimmeln und auch Insekten wie Libellen könnten hier beobachtet werden. Diese Mardelle (wie alle anderen an diesem Standort), wird aber ausschließlich von Wildschweinen zum Suhlen genutzt. Weil es hier so viele von ihnen gibt, haben sie die Mardellen in Schlammlöcher verwandelt, welche keine Artenvielfalt zulassen.

Die einzige Baumart, die dem hohen Wilddruck entkommt, ist die Rotbuche; deren Knospen werden von den überaus zahlreichen Herbivoren verschmäht. Diese Art profitiert vom Druck auf die anderen Gehölzarten und kann sich dementsprechend durchsetzen.

Na und? Hauptsache, es gibt Naturverjüngung – könnte man meinen!? Nicht ganz: die Rotbuche ist nicht an derart schwere Böden angepasst, eigentlich standortfremd. Diese Baumart ist besonders anfällig für trockene, warme Sommer, sodass hier nie ein gesunder alter Buchenwald entstehen kann.

Dass der Wildbestand an diesem Standort extrem hoch ist, davon konnten sich die rund 40 Teilnehmer:innen der Besichtigung nicht nur an Hand der vielen Wildschäden überzeugen: in den knapp 2 Stunden vor Ort wurden über 10 Hirschkühe bzw. Damwild und Rehe gesichtet.

An einigen Stellen wurde versucht, mit Gatter Pflanzungen von Jungbäumen vor dem hohen Wilddruck zu schützen. Diese Vorgehensweise ist jedoch nur punktuell umsetzbar und kostet viel Geld. Geld, das vom Steuerzahler bezahlt wird,

Die einzige Lösung, um bei dieser extremen Wilddichte eine standortgerechte Naturverjüngung zu ermöglichen und somit eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu gewährleisten, wäre eine konsequente Bejagung des Wildes. Darüber waren sich Roger Schauls und Marc Parries einig.
Hier wird öffentliches Eigentum dem Jagdvergnügen einiger (betuchter) „Jäger“ geopfert.

Es ist nicht zu verstehen, dass die Gemeinde Mertert als Besitzer dieses Gebietes derartige Schäden in Kauf nimmt. Die Schäden an der Lebensgemeinschaft Wald übersteigen mit Sicherheit die Einkünfte der Jagdpacht. Die Jagd darf nicht weiter als Hobby und zur „Ernte starker Jagdtrophäen „ missbraucht werden. Die Jagd hat die Aufgabe, die Entwicklung resilienter, artenreicher Laubwälder zu ermöglichen, damit auch zukünftige Generationen von den Wohlfahrtswirkungen profitieren können.

Dazu braucht es verantwortungsbewusste Jäger, welche sich diesen Aufgaben verpflichtet fühlen. Einen hohen Hirschbestand durch gezielte Hege und Fütterung aufbauen sowie Muffelwild illegal aussetzen, sind jedenfalls nicht im Interesse eines artenreichen Waldes. Im Gegenteil, Schäden, wie sie in diesem Waldmassiv durch die übermäßige Wilddichte verursacht werden, dürften in die Kategorie fahrlässiger Biotopzerstörung gehören.

Für weitere Informationen und die Stellungnahme des Mouvement Ecologique zum Thema sei verwiesen auf die Spezialbeilage: „Wald, Wild und Jagd – Wie passt das zusammen ? Die Frage des Titels der Stellungnahme konnte bei dem besichigtigen Wald nur mit„überhaupt nicht“ beantwortet werden.

 

29.03.22