Bauen und Wohnen
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Pacte Logement 2.0 und Baulandvertrag: Unterredung mit dem Wohnungsbauminister Kox

Am 1. Juni 2021 fand eine Unterredung des Mouvement Ecologique mit Wohnungsbauminister Henri Kox und dessen Mitarbeitern zu dem im Juli vergangen Jahres vorgestellten Pacte Logement 2.0 sowie zum, unter der Federführung des Innenministeriums ausgearbeitete Gesetzesprojekt zum Baulandvertrag, statt. Im Folgenden finden Sie einen Bericht der Unterredung.

Minister Kox spricht sich gegen Nachbesserungen in Punkto konkrete ökologisch-soziale Mindestkriterien bei subventioniertem Wohnungsbau im Rahmen des Pacte Logement 2.0 aus.

Zu Beginn der Unterredung begrüßte der Mouvement Ecologique ausdrücklich, dass sich der Pacte Logement 2.0 im Gegensatz zum Pacte Logement 1.0 nicht mehr ausschließlich an der Steigerung der Bevölkerungszahl orientieren soll, sondern die Subventionierung für das Schaffen von „logement abordable“ in den Fokus stellt.

Der Mouvement Ecologique ist jedoch der Überzeugung, dass darüber hinaus auch ökologische und soziale Mindeststandards verbindlich im Gesetz verankert werden müssten. Dies ist derzeit nicht vorgesehen. Zwar wird im Gesetzesprojekt immer wieder von „qualité résidentielle“ gesprochen, was aber konkret darunter zu verstehen ist, wird nicht weiter präzisiert. Der Staat müsse aber, so die Meinung des Mouvement Ecologique, dafür sorgen, dass sich millionenschwere öffentliche Subventionen für den Wohnungsbau in andere soziale und ökologische Zielsetzungen der Regierung eingliedern bzw. letztere richtungsweisend für zukunftsfähiges Wohnen wirken sollen. Dies vor allem auch in Zeiten der Klimakrise, in der unsere Städte und Dörfer zusehends mit sommerlicher Überhitzung kämpfen. Wichtige Kriterien, die nach Ansicht des Mouvement Ecologique verankert werden müssten, wären z.B. Vorgaben zur Durchgrünung, zur sozialen Durchmischung und zur Förderung der sanften Mobilität. Für Gemeinden, die Projekte einreichen, die sogar den Kriterien von Ökoquartieren entsprechen, sollten nach Meinung des Mouvement Ecologique sogar zusätzliche finanzielle Anreize geschaffen werden.


Für den Mouvement Ecologique müssten im “pacte logement” Kriterien festgehalten werden, dass beim vom Staat über den “pacte logement” finanzierten Wohnunbau bestimmte ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt werden müssen: Gute Durchgrünung, Förderung der sanften Mobilität und neuer Wohnformen usw. Leider gab es diesbezüglich keinen Konsens mit Wohnungsbauminister Henri Kox, derartige Kriterien festzuhalten (so wie dies z.B. die Stadt Wien tut).


Der Minister brachte zum Ausdruck, dass der Pacte Logement 2.0 explizit das Ziel verfolgt, bezahlbares Wohnen zu fördern. Soziale und ökologische Kriterien, so wie der Mouvement Ecologique sie in seiner Stellungnahme am Beispiel des Fonds für Wohnungsbau und Stadterneuerung der Stadt Wien aufzeigt, fielen letztendlich nicht in die Kompetenz des Wohnungsbauministeriums. Seiner Auffassung nach sollten sie somit auch nicht im Pacte Logement 2.0 verankert werden. Dafür gebe es bereits andere Instrumente, wie z.B. die Lenoz-Zertifizierung für ökologisches Bauen.

Die Frage, wie das Ministerium aktiv in die sozio-ökologische nachhaltige Gestaltung von staatlich subventioniertem bezahlbarem Wohnen eingreifen möchte, bleibt für den Mouvement Ecologique demnach noch unbeantwortet.

Modifizierung kommunaler Flächennutzungspläne bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum

Im Gesetzesprojekt zum „Pacte Logement 2.0“ ist zudem vorgesehen, dass falls der Bauherr der öffentlichen Hand Wohnraum für soziale Zwecke zur Verfügung stellt, eine dichtere Bebauung als im Bebauungsplan vorgesehen, erlaubt werden soll. Der Minister hob während des Gesprächs wiederholt die Bedeutung dieser Maßnahme hervor und äußerte sich davon überzeugt, dass eine höhere Dichte nicht auf Kosten der Lebensqualität oder der Durchgrünung bestehender und neuer Viertel ginge.

Der Mouvement Ecologique spricht sich, ähnlich wie auch Syvicol, allerdings kategorisch gegen diese Maßnahme aus, da sie letztendlich nur dazu führt, bestehende komplexe kommunalplanerische Regelungen punktuell auszuhebeln. Die kommunalen Bebauungspläne (PAGs) – und somit auch die Dichtevorgaben für bestehende sowie neu zu planende Dorf- und Stadtteile – wurden in einem langwierigen Prozess von den Gemeinden festgelegt und in die Bebauungspläne festgeschrieben. Sie unterlagen ebenfalls der im Gesetz vorgesehenen öffentlichen Prozedur; sie wurden somit nicht nur vom Innenministerium avisiert, sondern waren auch Bestandteil der gesetzlich vorgeschriebenen Reklamationsverfahren. Dabei gab es für die Kommune sicherlich stichhaltige Gründe, warum der von ihr im Bebauungsplan festgelegte Dichtegrad festgehalten wurde. Diesen einfach nun von oben herab zu erhöhen, ist in den Augen des Mouvement Ecologique nicht zulässig. Falls dies doch angestrebt werden würde, müsste eine punktuelle Abänderung des Flächennutzungsplans, welche einer erneuten öffentlichen Prozedur bedarf, durchgeführt werden.

Möglichkeit zur Förderung neuer gemeinschaftlicher und kooperativer Wohnformen?!

Für den Mouvement Ecologique hätte der Pacte Logement 2.0 zudem eine gute Gelegenheit zur expliziten Förderung neuer gemeinschaftlicher und kooperativer Wohnformen geboten, damit diese sich endlich auch in Luxemburg entwickeln können.

Das Ministerium wies im Gespräch darauf hin, dass das aktuelle Gesetzesprojekt die Förderung dieser Wohnformen mit der dritten Finanzierungssäule abdecken würde – hier kann eine Gemeinde z.B. staatliche Zuschüsse für partizipative Prozesse bei der Planung von spezifischen Bauprojekten beantragen. Für den Mouvement Ecologique bleibt die Frage jedoch offen, inwiefern eine solche doch recht allgemein gehaltene Formulierung zur Entstehung von neuen Wohnformen beiträgt – vor allem mit Blick auf die bisher eher zurückhaltende öffentliche Kommunikation des Ministers in Bezug auf dieses Thema.

Eine „Cellule de Coordination“ im Wohnungsbauministerium im Aufbau

Der Mouvement Ecologique hat während der Unterredung auch die Frage aufgeworfen, welche Koordinations- und Begleitstruktur das Ministerium für den Pacte Logement 2.0 vorsieht. Eine solche Begleitstruktur sollte, nach dem Modell von „myEnergy“ im Rahmen des Klimapakt, darauf abzielen, eine Anlaufstelle für die Berater der Gemeinden zu werden, Hintergrundinformationen zur Verfügung zu stellen, „best practice“ Beispiele zu sammeln usw. Angesichts des Aufgabenfeldes bedarf es dem Mouvement Ecologique nach eines breit aufgestellten Teams, um all diese Aufgaben zu erfüllen. Ob diese nun in einer unabhängigen Struktur nach dem Typ „mylogement“ oder aber im Ministerium selbst angesiedelt sein solle, stünde noch zur Diskussion. Es sollten jedoch keine Beamten sein, die dies neben ihren anderen Tätigkeiten ausführen müssten.

Der Minister wies infolgedessen darauf hin, dass bereits eine „cellule de coordination“ im Wohnungsbauministerium angesiedelt wäre. Diese würde sich allerdings noch im Aufbau befinden. Für die obengenannten Aufgaben seien auch zusätzliche Beamte eingestellt worden.

Baulandvertrag: Ausgewiesenes Bauerwartungsland prioritär mobilisieren

Abschließend drückte der Mouvement Ecologique die Sorge aus, dass beim Gesetzesprojekt betreffend den Baulandvertrag, der Fokus weitaus stärker auf die Mobilisierung von Bauland innerhalb des Perimeters gelegt werden müsste. Die Neuausweisung von Bauland außerhalb des Perimeters müsse von einer derartigen Innenmobilisierung abhängig gemacht und zudem an Kriterien gebunden werden.

Minister Kox verwies darauf, es wäre selbstverständlich, dass Anstrengungen zur Binnenerschließung erfolgen müssten, auch bevor neues Bauland ausgewiesen wird – es handele sich um komplementäre Instrumente.

Insgesamt war es ein anregender Austausch, wobei aber gemeinsam leider festgestellt werden musste, dass es in einer Reihe von Punkten keinen Konsens zwischen Minister Kox und dem Mouvement Ecologique gibt.