Die Luxemburger Landwirtschaftspolitik und die Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik
Welche Zukunft für die Landwirte, welcher Schutz für die Biodiversität?
Am 15. März organisierten die «Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren» und der Mouvement Ecologique eine gemeinsame Online-Konferenz zum Thema „Luxemburger Landwirtschaftspolitik und die Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP)“, an welcher um die 85 interessierte Personen teilnahmen.
In seinem Vortrag erläuterte André Prescher, Stellvertreter des NABU in Brüssel und Autor des NABU-GAP-Ticker, den Aufbau, die Eckpunkte und die Relevanz der aktuellen GAP und welche möglichen Änderungen die Reform, welche zurzeit in Brüssel beschlossen wird, mit sich bringen könnte.
Rund 40 Prozent des Gesamtbudgets der Europäischen Union wird für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) aufgewendet, die GAP stellt somit den zweitgrößten Posten im EU-Haushalt dar. In der aktuellen GAP wird jedoch ein Großteil dieser Gelder nach dem sogenannten Gießkannenprinzip für Flächenprämien (also Auszahlung pro Hektar) ausbezahlt. So erhalten 20% der Betriebe 80% der EU-Gelder.
Nicht nur Naturschutzorganisationen, sondern auch z.B. die Arbeitsgemeinschaft Bäuerlicher Landwirtschaft, spricht sich dafür aus, die Direktzahlungen schrittweise abzuschmelzen und das Budget der Eco-Schemes (Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität und andere Ökosystemleitungen) deutlich anzuheben.
Über die GAP soll in Zukunft das Erbringen von Gemeinwohlleistungen gefördert werden und hierzu gehört neben gesunden Lebensmitteln auch der Erhalt gesunder und fruchtbarer Böden, der Biodiversität, sauberem Grund- und Oberflächenwasser, und der Schutz anderer Ökosystemleistungen. Darüber waren sich auch die Teilnehmer*innen der Online-Konferenz, welche sich nach dem Vortrag in einer konstruktiven Diskussion austauschten, einig.
Nach Einschätzung des NABU, ist die Diskussion zur GAP-Reform auf EU-Ebene gelaufen. Leider ohne dass sie die nötigen Veränderungen hervorgebracht hätte. Jedoch: die neue GAP wird den einzelnen Ländern wahrscheinlich viel mehr Handlungsspielraum einräumen. Nun liegt es also an den Ländern, sich selbst ambitiöse Ziele zu setzen und die Fördermaßnahmen so zu gestalten und zu nutzen, dass Sie den Landwirten und ihrer Lebensgrundlage: der Biodiversität, dem Boden, Wasser und Klima, zugutekommen.
Auch wurde diskutiert inwieweit Landwirte sich von allgemein schrumpfenden EU-Fördermitteln abhängig machen würden, wenn in Zukunft vor allem die Extensivierung der Landwirtschaft bezuschusst werden würde, welche weniger Ertrag, also ein Verzicht auf wirtschaftliches Einkommen bedeuten würde. Bei dieser Diskussion muss aber im Hinterkopf behalten werden, dass die Landwirtschaft in Luxemburg auch unter der aktuellen GAP (mit vorrangig Direktzahlungen) ohne Fördermittel keine schwarzen Zahlen schreiben würde und dass auch eine intensive Landwirtschaft bei einem Verlust der vielseitigen Ökosystemleistungen von denen sie abhängt (Artenvielfalt, gesunde Böden, sauberem Wasser und einem gemäßigten Klima), mittel und langfristig keinen Bestand haben kann.
In diesem Kontext wurde auch darauf hingewiesen, dass die luxemburgische Landwirtschaft aktuell auf den Export von Milchprodukten ausgerichtet ist. Im Gegenzug zum Export der Milch, werden Eiweissfuttermittel (Sojaextraktionsschrot, Rapsschrot, usw.) und Energieprodukte (Mais, Rübenschnitzel, usw.) importiert und an unsere Kühe verfüttert (von denen nur noch wenige auf die Weide kommen). Ein Grund für die Exportproduktion ist, dass der Absatzmarkt für Milchprodukte und die verarbeitende Industrie (Molkereien), in Luxemburg vorhanden und somit attraktiver ist, als für andere Produkte. Diese Strukturverzerrungen können und sollten gezielt auch z.B. über die Nachfrage bei öffentlichen Ausschreibungen (Kantinen in Schulen, Krankenhäusern, Altersheimen, etc…) umgelegt werden.
Auch die Erkenntnis, dass über die letzten Jahrzehnte die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe stätig gesunken ist und dieser Verlust an Landwirten Hand in Hand mit dem Verlust an Biodiversität geht, wurde deutlich hervorgehoben. Diese Erkenntnis wurde mit Berichten darüber, wie schwer es vor allem auch junge Landwirte aktuell haben in diesem komplexen Berufsfeld ohne große Karriereaussichten Fuß zu fassen, verdeutlicht.
Es ist höchste Zeit für einen grundsätzlichen Wandel der Landwirtschaftspolitik, von welchem nicht nur die Biodiversität und die Allgemeinheit, sondern auch die Landwirte selbst nur profitieren können.
Unmissverständlich klar wurde, dass die 3 Handlungsfelder der luxemburgischen Landwirtschaftspolitik – die Erweiterte Konditionalität, Eco-schemes (welche an die oben angeführten Kriterien von Ökosystemleistungen gebunden sein müssen) sowie Agrarumweltmaßnahmen und Biodiversitätsprogramme an transparente und überprüfbare Umwelt- und Biodiversitätsziele geknüpft sein müssen.
Die «Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren» und der Mouvement Ecologque werden die weitere Entwicklung der Landwirtschaftspolitik in Luxemburg auf jeden Fall weiter sehr aufmerksam verfolgen.
Gut verständliche Erklärungen, wie die heutige EU-Agrarpolitik aufgebaut ist, welche Auswirkungen sie hat, welche Reformen geplant sind und wie diese sowohl von landwirtschaftlichen als auch Naturschutzorganisationen bewertet werden, sehen Sie im Video sowie in den Folien zum Vortrag.