Nachhaltige Entwicklung
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Vom Wissen zum Handeln: Trends im Umweltbewusstein

Dr. Gerd Scholl, Leiter des Forschungfelds Unternehmensführung und Konsum im Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), hielt im Rahmen der Eröffnung der oekobib einen interessanten Vortrag zum Thema „Trends im Umweltbewusstsein in Zeiten der Globalisierung“. Dabei veranschaulichte er die Resultate der letzten repräsentativen Umweltbewusstseinsstudie (UWB) aus dem Jahr 2016, die seit 1996 alle zwei Jahre in Deutschland durchgeführt wird.

Tendenz eines stabilen Umweltbewusstseins

Eine Schlüsselaussage der Studie ist die Feststellung, dass der Umwelt- und Klimaschutz in der Wahrnehmung der Befragten krisenfest und etabliert ist. Damit gemeint ist die Tatsache, dass globale Umweltrisiken von zahlreichen Menschen sehr ernst genommen werden, so die Resultate der Studie. Erwähnenswert ist dabei die Tatsache, dass die Antworten der Teilnehmer unter anderem stark von äuβeren Faktoren abhängig zu sein scheinen. So lässt sich für 2012, d.h. in einer Post-Fukushima-Phase, ein im Vergleich zur vorherigen oder nachfolgenden Studien, verstärktes Umweltbewusstein beobachten. Bei der offenen Frage nach den aktuell wichtigsten Problemen unserer Gesellschaft, belegt Umwelt-und Klimaschutz 2014 Platz 4 (19%), während soziale Sicherung an erster Stelle zu finden ist und Wirtschafts- und Finanzpolitik an zweiter.

Obwohl es eine überraschend hohe Zustimmung für die Suche nach Lösungen von Umweltproblemen gibt, ist die Meinung der Befragten, ob die deutsche Klimapolitik (also die Regierung) die Probleme bewältigen könne, eher als pessimistisch einzustufen. Grund für eine solche Skepsis könne laut Referent zum Beispiel die seitens der Befragten wahrgenommene politische Einstellung einer Reihe von Staaten bei Klimadiskussionen sein. Weit mehr Vertrauen bei der Bewältigung dieser Probleme wird hierbei den Umweltverbänden ausgesprochen.

Nachhaltigkeit wird als Chance gesehen

Obschon immer noch ein gewisses Konfliktpotenzial zwischen Umwelt, Wirtschaft und Sozialem besteht, lässt sich, so Dr. Scholl, auch eine gewisse Synergie zwischen diesen Themenfeldern feststellen. Diese zeige sich u.a. in der Tatsache, dass viele Befragte die Nachhaltigkeit immer mehr eher als Chance z.B. im Sinne einer besseren Gesundheit oder einer gesteigerten Lebensqualität begreifen, als ein Verzicht innerhalb ihrer Lebensweise. Umwelt- und Klimaschutz gelten auch hier als wichtige Erfolgsfaktoren, um Brücken zwischen den einzelnen politischen Feldern zu schlagen. Zukunftsaufgaben (wie z.B. die Globalisierung) betreffen mehrere Ministerien gleichzeitig, so dass sich somit politische Ressourcen bündeln lassen. Dass sich jedoch ein Wirtschaftsministerium seinerseits mit dieser Frage schwerer tun wird, liege dem Referenten zufolge auf der Hand.

Laut Dr. Scholl bleibt auβerdem die soziale Gerechtigkeit eine wesentliche Frage in der Umwelt- und Klimapolitik. In der Tat leiden der Studie zufolge sozial Benachteiligte stärker unter Belastungen im Umweltbereich (Lärm, Luftverschmutzung…)  als Personen mit besseren finanziellen Mitteln. So lässt sich zum Beispiel feststellen, dass einkommensschwache Haushalte häufiger als wohlhabendere Personen an Orten/Straβen mit hoher Lärmbelastung leben. Eine ökologisch soziale Gerechtigkeit bleibt also weiterhin eine Herausforderung.

Bereitschaft zum Wandel

In manchen Handlungsfeldern wie Mobilität oder Ernährung sieht man aber erste Anzeichen einer Bereitschaft zum Wandel, wobei jedoch angemerkt werden muss, dass ein solcher für viele Befragte nur unter bestimmten Bedingungen in Frage käme. Hier sehen wir, so Dr. Scholl, Zeuge der Paradoxie des Menschen: Die Leute stecken in einem Dilemma zwischen dem, was sie sich selber wünschen, und dem, was realisierbar sei, beziehungsweise was ihre Bequemlichkeit erlaube und sie nicht weiter einschränke.

Auch das Wirtschaftswachstum würde mehr und mehr kritisch hinterfragt, neue Wohlstandsmodell eingefordert.

Summa Summarum lässt sich aus der Studie schlieβen, dass eine gewisse Entwicklung in den letzten Jahren festzustellen ist, eine regelrechte Wende zur Umsetzung von Umweltbewusstsein jedoch noch nicht erreicht wurde. Jedoch könne „eine noch ambitionierte und couragierte Nachhaltigkeitspolitik, die neben Problemen des Umwelt- und Klimaschutzes auch das gesellschaftliche Zusammenleben adressiert, (…) mit dem Rückhalt weiter Teile der Bevökerung rechnen“, so die Schlussfolgerung der Studie. Im Anschluss stand Herr Dr. Scholl den interessierten Anwesenden Rede und Antwort, was zu einer interessanten Diskussion führte.

Nachhaltige Entwicklung: Keine Option, sondern eine Notwendigkeit

Abschlieβend setzte Guy Arendt, Staatssekretär für Kultur, die Bedeutung der „oekobib“-Mediathek in den Kontext des Luxemburger Bibliothekswesens und der Politik einer nachhaltigen Entwicklung. Nachhaltigkeit sei für unsere Gesellschaft keine Option, sondern eine Notwendigkeit, so der Staatssekretär. Der Abend wurde anschlieβend mit der Besichtigung der Mediathek und einem „Patt“ fortgesetzt.

 

In den Downloads:

PP-Präsentation von Dr. Scholl
Die Studie : „Umweltbewusstsein in Deutschland 2016: Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage“