Verabschieden von blindem Wachstumsdiskurs

Ein neues Gesellschaftsmodell für morgen? Welche Wege aus der Wachstumsfalle? Wem obliegt dabei welche Verantwortung? Welche Rolle hat der Einzelne? Welche die Politik?”, so die Fragen, die im Mittelpunkt einer rezenten Veranstaltung standen, organisiert vom Mouvement Ecologique in Zusammenarbeit mit Caritas und ASTM. Medienpartner waren Radio 100,7 sowie das Luxemburger Wort.

Dass es ein angeregtes Podiumsgespräch werden würde, versprach nicht nur das Thema: Vor vollbesetztem Saal führten die beiden Gäste, der Ökonom und Politikwissenschaftler Reinhard Loske sowie der Soziologe Harald Welzer – beide Koryphäen zur Wachstumsdebatte – in der Diskussion mit der Präsidentin des Mouvement Ecologique, Blanche Weber, eine Vielzahl an interessanten Argumenten ins Feld, wieso das derzeitige Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell keine Zukunftsalternative darstellen kann.

In ihrem Austausch räumten sie auch mit gängigen Lösungskonzepten wie dem grünen Wachstum auf: “Grünes Wirtschaften” sei letztlich nur eine Fortsetzung des gleichen Wirtschaftens mit grünem Anstrich. Wirtschaftswachstum lässt sich jedoch u.a. nicht vom Ressourcenverbrauch abkoppeln, deshalb sei die einzig konsequente und ehrliche Reaktion auf die Beschleunigung der Klimaverschmutzung und die Ressourcenverknappung, eine Politik des Weniger und anderer gesellschaftlicher Prioritätensetzungen.

Allerdings seien die Parameter der reichen Gesellschaften noch zu sehr auf Business as Usual und Nicht-Nachhaltigkeit eingestellt. Es gälte neue gesellschaftliche Visionen zu entwickeln. Klar ist, dass der Weg zu einem neuen Gesellschaftsmodell noch nicht fertig gezeichnet ist, allerdings gibt es doch zentrale grundlegende Überlegungen, die auch von beiden Referenten in ersten Akzenten skizziert wurden. Während Harald Welzer vor allem die Bedeutung der zivilisatorischen / demokratischen Errungenschaften hervorhob (Demokratie usw.), hob Reinhard Loske verstärkt auch Pfade im Sinne einer neuen Wirtschaftsordnung hervor. Wobei er durchaus auch die Bedeutung neuer Arbeits- und Wirtschaftsmodelle hervorhob, u.a. die Bedeutung von “Tauschgesellschaften”, des Grundeinkommens u.a.

Die Autoren wiesen in ihren Beiträgen dann auf die vielfältigen Bottom-Up-Initiativen und Alternativen hin, die es bereits heute gibt: So existieren Versuche, eine Gemeinwohl-Ökonomie in Form von Energiegenossenschaften oder Anbaukonzepten zu entwickeln, es bestehen bereits Repairinitiativen und Sharing-Konzepte.

Harald Welzer und Reinhard Loske lieferten anregende Denkanstösse und waren auch nicht verlegen – im Anschluss an das Podiumsgespräch – die vielen Fragen des Publikums zu beantworten.

Dieser kleine Beitrag kann keineswegs die Vielfalt der Diskussion widergeben, deshalb schauen Sie rein in das Video zur Podiumsdiskussion. Es ist auch umso interessanter, da es beiden Referenten gelungen ist, einen lebendigen sachlichen Austausch zu führen… eine belebende Form der Debatte, die sich von gängigen Konferenzen oder Streitgesprächen auch positiv abhebt.

 

 

Interviews mit Harald Welzer aus Woxx und Luxemburger Wort in den Downloads