Stellungnahme zu den geplanten Änderungen im Prime House Förderprogramm
Derzeit wird das Förderprogramm betreffend nachhaltiges Bauen reformiert. Oekozenter Pafendall und Mouvement Ecologique haben diesbezüglich eine Reihe von Anmerkungen bzw. Vorschlägen formuliert, die ebenfalls mit Umweltministerin C. Dieschbourg sowie Energieminister C. Turmes diskutiert werden konnten.
1. Förderung von fossilen Dämmstoffen
In dem neuen, ab 2022 geltenden PRIMe House Förderprogramm ist die Förderung von fossilen Dämmstoffen noch bis 2024 vorgesehen, anschließend bleiben sie förderfähig, insofern sie mindestens 50 % Recyclinganteil besitzen.
Es ist begrüßenswert, dass zukünftig Recycling im Baubereich gefördert werden soll. Dies jedoch nur, wenn dies im Sinne einer kreislauffähigen Bauwirtschaft erfolgt. Recyclinganteile in Baustoffen, die nicht zur Kreislauffähigkeit des Baustoffs beitragen bzw. diese gar verhindern, sollten von jedweder Förderung ausgenommen werden. Die gängigsten Vertreter unter den fossilen Dämmstoffen sind die expandierten Polystyrol-Wärmedämmverbundsysteme (EPS-WDVS, Markenname: Styropor). Da sie auf die Wand geklebt und verputzt werden, sind sie am Ende ihres Lebenszyklus nicht wiederverwendbar oder recycelbar. Dementsprechend stammen die 50 % Recyclinganteil aus Baustellenabfällen oder aus der Verpackungsindustrie. Dieser Dämmstoff stellt daher kein kreislauffähiges Baumaterial dar. Zudem sind die EPS-Platten, die vor 2016 hergestellt wurden, noch mit dem inzwischen verbotenen Flammschutzmittel HBCD versetzt. Da die Hersteller nach 2016 noch ihre Bestände verkaufen durften, ist es also beim Ausbau der Platten nicht nachvollziehbar, welche Platten belastet sind und welche nicht. Ein Recycling ist auch aus diesem Grund nicht umsetzbar. Außerdem bleibt die Bioziden-Belastung im Boden- und Wasserbereich, die von dem Putzsystem des EPS-WDVS ausgeht, weiterhin bestehen. Da das PRIMe House Förderprogramm Nachhaltigkeit im Wohnbereich fördern möchte, sollte man daher von der Förderung solcher Dämmstoffe absehen.
2. Förderung der Dämmarbeiten im Innenbereich
Die geförderten Dämmstärken von 8, 10 und 12 cm (unabhängig vom U-Wert der Bestandswand) beziehen sich auf einen Lambda-Wert von 035. Unter den gängigsten Dämmstoffen erfüllen allerdings nur fossile Dämmstoffe und Mineralwolle (Stein- u. Glaswolle) diesen Lambda-Wert. Um ökologische Dämmstoffe, die auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, nicht zu benachteiligen, sollte ein Lambda-Wert von 040 angesetzt werden. Auch hier wäre von der Förderung von „Styropor“ abzuraten, da dieses Material eine hohe Diffusionsdichtheit besitzt und es bei feuchten Wänden in der Anwendung als Innendämmung eher zu Bauschäden führen kann. Im Sinne einer langfristigen Schadenfreiheit bei Innendämmungen ist es zudem ratsam, einen U-Wert von 0,40 einzuhalten. Ein besserer Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) als 0,40 verschärft verhältnismäßig mehr das Problem der Wärmebrücken, als dass es noch zur Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudes beiträgt.
3. Förderung der Luft-Wasser-Wärmepumpen im Bestand
Eine Wärmepumpe nutzt Umweltwärme aus dem Boden der Luft oder dem Wasser und bringt diese mithilfe eines Kältekreislaufs auf ein höheres Temperaturniveau. Für den Betrieb des Kältekreislaufs in der Wärmepumpe ist ein mit Strom angetriebener Kompressor erforderlich.
Dabei hängt der Stromverbrauch ganz entscheidend von der Temperaturdifferenz zwischen der Wärmeaufnahme (aus dem Erdreich, dem Wasser oder der Luft) und der Wärmeabgabe (Heizungswasser und Warmwasser) ab. Je geringer diese ist, umso effektiver arbeitet die Wärmepumpe. Nun ist die Wärmekapazität der Luft wesentlich kleiner als die des Wassers oder des Erdreichs. Zudem ist die Luft dann am kühlsten (kalte Wintertage), wenn der Wärmebedarf im Haus am größten ist. Deshalb sind die Jahresarbeitszahlen bei Luft-Wärmepumpen auch in der Regel am niedrigsten. Bei tiefen Außentemperaturen kann es passieren, dass sogar direkt elektrisch geheizt wird, was wiederum zu einem hohen Stromverbrauch bzw. zu hohen Stromkosten führt. Deswegen muss besonders bei einer Luft-Wasser-Wärmepumpe auf die Jahresarbeitszahl bzw. auf die jahreszeitbedingte Raumheizungseffizienz geachtet werden. Voraussetzung hierfür ist eine gute Wärmedämmung des Gebäudes und ein Niedertemperatur-Wärmeabgabesystem (Fußbodenheizung und/oder Wandheizung) mit Vorlauftemperaturen möglichst unter 35 °C. Dass in dem neuen PRIMe House die Luft-Wasser-Wärmepumpe im Bestand ohne jegliche Voraussetzung in Bezug auf die Energieeffizienz des Gebäudes, des Heizsystems oder die Kombination mit Solarenergie gefördert werden soll, halten wir daher für wenig sinnvoll. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht unbedingt mit einer umfassenden und aufklärenden Beratung seitens eines Energieberaters zu rechnen ist, da im neuen PRIMe House bei der Förderung von Einzelmaßnahmen eine solche Beratung nicht mehr zwingend notwendig ist. So ist davon auszugehen, dass diese Fördermaßnahme in der geplanten Form nicht zielführend sein wird. Die Förderung der Luft-Wasser-Wärmepumpe sollte unbedingt an die Energieeffizienzklassen des Bestandsgebäudes bzw. an eine vorangehende energetische Sanierung gekoppelt sein. Für die Auslegung der Anlage ist eine genaue Heizlastberechnung erforderlich, denn sie hat Auswirkungen sowohl auf Investitions- als auch Betriebskosten. Wenn das Gebäude nachträglich energetisch saniert wird, ist die Wärmepumpe überdimensioniert und ebenfalls ineffizient im Betrieb. Nur wenn das Gebäude und die Wärmepumpe gut aufeinander abgestimmt sind, ist dies tatsächlich eine energieeffiziente Lösung und damit auch eine sinnvolle Förderung.
20.12.21