Nachhaltige Entwicklung
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Das Koalitionsprogramm der neuen Regierung aus der Sicht des Mouvement Ecologique

Mit großer Zufriedenheit stellt der Mouvement Ecologique fest, dass das Koalitionsabkommen zahlreiche positive Maßnahmen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung beinhaltet. Viele Vorschläge, die der Mouvement Ecologique im Vorfeld der Wahlen vorgestellt  hatte, wurden im Koalitionsvertrag aufgenommen: vom Prinzip der nachhaltigen Entwicklung als verpflichtendes Leitbild der Regierung, der Einführung eines Nachhaltigkeitschecks für politische Entscheidungen, der grundsätzlichen Überarbeitung des Gesetzes betreffend den freien Zugang zu Informationen, der verstärkten Mobilisierung von Bauland innerhalb der Bauperimeter, der Reform der Gemeindefinanzen, der Bestätigung des Vorkaufsrechtes der öffentlichen Hand für gesellschaftlich relevante Projekte bis hin zu klaren Bekenntnissen im Sinne einer Steigerung der Energieeffizienz, der Förderung des präventiven Gesundheits- und Umweltschutzes…

Insofern gibt das Koalitionsabkommen durchaus Anlass zur Hoffnung, dass in dieser Legislaturperiode neue entscheidende Akzente gesetzt werden könnten. Der Mouvement Ecologique wird die Umsetzung dieser Regierungsversprechen im Detail verfolgen und seinerseits auch diesbezügliche konstruktive Anregungen formulieren.

Diese positiven Elemente können jedoch grundsätzliche Schwachstellen des Koalitionsabkommens nicht überdecken, welche sogar dazu führen könnten, gute Absichten in einer Reihe von Politikbereichen auszuhebeln.

Der vorliegende Koalitionsvertrag fußt weiterhin auf dem Prinzip – und dies wird mehrfach explizit angeführt – dass zur Haushaltskonsolidierung, zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Sozialsystems ein weiteres Wirtschaftswachstum oberstes Ziel sein müsse. Natürlich begrüßt auch der Mouvement Ecologique ein Wachstum in einer Reihe zukunftsträchtiger Sektoren (Stichwort: green jobs), wie der Produktion erneuerbarer Energien, einer konsequenten Altbausanierung, einer verstärkten Lebensmittelproduktion vor Ort, einer tatkräftigen Unterstützung des Mittelstandes usw. Aber: das stetige Wachstum weiterhin als unumgängliche  Prämissezum Ausgleich des Staatshaushaltes sowie der Absicherung der Sozialsysteme zu verankern, ist geradezu fahrlässig. Kontinuierliches Wachstum auf einem begrenzten Planeten ist schlichtweg nicht machbar, aus Sicht der weltweiten Gerechtigkeit nicht mehr zulässig, führt a priori nicht zur Lösung des Arbeitslosigkeitsproblems,  nicht zu einer Verkleinerung der Schere zwischen Arm und Reich und auch nicht zu mehr Wohlstand. Nicht zuletzt: es ist kaum vereinbar mit dem Ziel des Erhalts von Lebensqualität, Natur und Landschaft u.a.m.

Eine kurzfristige Abkehr vom Wachstumsdogma war realpolitisch nicht zu erwarten. Allerdings hätte der Mouvement Ecologique es als notwendig erachtet, dass diese Koalition – im Sinne einer nachhaltigen Umgestaltung unserer Gesellschaft – eine grundsätzliche Reflexion über eine progressive Minderung des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Wachstum und Sicherung des Sozialsystems auf die Tagesordnung setzt. Der Mouvement Ecologique erneuert seinen Appell, dringend über diese notwendige Trendwende zu diskutieren, um eine reelle Zukunftsfähigkeit Luxemburgs zu gewährleisten.

Wohl auch angesichts der Prämisse des Wirtschaftswachstums mag es weniger verwundern, dass vor allem auch der Klimaschutz recht unbefriedigend im Koalitionsabkommen angegangen wird. Obwohl das Koalitionsabkommen eine ganze Reihe positiver Instrumente im Energiebereich beinhaltet, fehlen konkrete Reduktionsziele bei den CO2-Emissionen. Diese werden in der Tat nicht genannt, weder auf nationaler noch auf EU-Ebene, ein dringend erforderliches Klimaschutzgesetz nicht angeführt…

Was die „simplification administrative“ anbelangt, so wird zwar angeführt, gesellschaftliche Errungenschaften würden nicht in Frage gestellt… allerdings lässt so manche Formulierung doch Zweifel aufkommen. Der Mouvement Ecologique erwartet, dass die Wahrung sowohl von Bürgerrechten als auch von umweltrechtlichen Errungenschaften die Grundlage der Vereinfachung administrativer Prozeduren darstellen wird.

Die Regierungsparteien sind im Wahlkampf vor allem mit dem Anspruch einer neuen “gouvernance”- einem Ausbau von “Demokratie und Bürgerbeteiligung” angetreten. Es werden in der Tat auch eine Reihe wegweisender Neuerungen im Koalitionsabkommen in Aussicht gestellt. So z.B. die Erstellung der “codes de déontologies”, die grundsätzliche Überarbeitung des Gesetzes über den freien Zugang zu Informationen. Leider aber fehlt es an einem reellen Bekenntnis zu einer regelrechten Partizipationskultur, d.h. einer Verankerung der Bürgerbeteiligung im Alltag und dies vor allem auch im Laufe von Diskussions-  und Entscheidungsprozessen. Die starke Fokussierung auf Referenden kann eine reelle Bürgerbeteiligung nicht ersetzen. Man hätte sich deutlichere Akzente gewünscht, z.B. in dem sich für eine Konkretisierung der Bürgerbeteiligung im Rahmen der Erstellung der Flächennutzungspläne ausgesprochen worden wäre u.a.m..

Demnach: eine sehr begrüßenswerte Aussicht auf wichtige Neuerungen, allerdings mit einem  in Teilen doch zweifelhaften Koalitionsvertrag als Fundament. Der Mouvement Ecologique wünscht der neuen Regierungsmannschaft viel Erfolg  bei der Umsetzung ihres eigenen Anspruchs, Akzente im Sinne der nachhaltigen Entwicklung und somit einer Zukunftsorientierung des Landes zu setzen.