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Aufschlussreiche Umfrage des Mouvement Ecologique bei den politischen Parteien: EU-Walen 2024: Eng Richtungswal, och aus Siicht vum Klima, Natur an Ëmwelt

Da der Detaillierungsgrad der Wahlprogramme der verschiedenen politischen Parteien im Vorfeld der EU-Wahlen sehr unterschiedlich ist, hat sich der Mouvement Ecologique dafür entschieden, keine generelle Analyse der Programme zu machen. Vielmehr wurden konkrete Fragen an die Parteien gerichtet, damit unterschiedliche Einstellungen erkennbar werden.

 

Der Fragenkatalog wurde allen Parteien zugestellt, die an den EU-Wahlen teilnehmen. Geantwortet haben LSAP, KPL, Déi Lénk, DP, CSV Déi Gréng und Piraten.

Keine Antwort gab es von Volt Luxembourg, Fokus, Déi Konservativ-d’Fräiheetspartei, ADR, Zesummen-d’Bréck.  Da keine Analyse der Parteiprogramme durchgeführt wurde, wie vorhin erklärt, können die Positionen dieser Parteien zur nachhaltigen Entwicklung auch nicht berücksichtigt werden. Allerdings sei kurz auf die ADR eingegangen, da sie bereits in der Abgeordnetenkammer vertreten ist. Äußerst zahlreiche Aussagen dieser Partei – in Sachen Atomkraft, Instrumente zur Bekämpfung der Klimakrise, Verbrennermotor und vieles andere mehr – zeigen auf, dass sie de facto die Notwendigkeit einer ökologischen Transition leugnet.

 

D’EU-Walen: Richtungswalen, och aus der Siicht vun der nohalteger Entwécklung

So manche Entscheidung auf EU-Ebene im Bereich der nachhaltigen Entwicklung macht wütend und steht nicht für eine positive Zukunftsgestaltung. So ist z.B. die europäische Agrarpolitik noch immer weit davon entfernt, die richtigen Weichen im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft bzw. einem effektiveren Schutz der Biodiversität zu setzen.

Doch: Trotz Schwächen ist und bleibt die Europäische Gemeinschaft als demokratische Werteunion – neben der Entwicklung eines Raums ohne Binnengrenzen, in dem keine ungerechtfertigten Beschränkungen für den freien Personenverkehr und den Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten bestehen – von herausragender Bedeutung, auch aus Sicht der nachhaltigen Entwicklung.

Tatsache ist, dass zahlreiche Regelungen nur sinnvoll auf EU-Ebene getroffen werden können. Es braucht eine EU, um in vielen Bereichen ökonomische, ökologische und soziale Rahmenbedingungen zu definieren, die für alle Mitgliedstaaten gelten. Wesentliche Errungenschaften im Klimaschutz, der Biodiversität, der Kreislaufwirtschaft für ganz alltägliche Dinge – wie sauberes Trinkwasser oder bessere Luftqualität u.a.m. – konnten nur dank der EU und starken (Umwelt)standards erreicht werden. All dieses sind Errungenschaften, die es ohne die EU nicht gäbe. Man mag sich nicht vorstellen, wo Luxemburg heute im ökologischen Bereich stünde, wenn wir nicht gesetzliche Regelungen aufgrund von EU-Vorgaben und Standards umsetzen müssten.

Denn Fakt ist, dass die absolute Mehrzahl der Gesetze auch in Luxemburg von EU-Entscheidungen (mit)bestimmt werden.

In den vergangenen Jahren wurden zudem eine Reihe wichtiger Initiativen ergriffen: Der europäische „Green Deal“ mit dem Klimapaket „Fit for 55“, die „Farm-to-Fork-Strategie“ im Agrar- und Ernährungsbereich und die „nature restoration law“, das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, haben wichtige Akzente für ein klimaneutrales, naturverträgliches und zukunftsfähiges Europa gestellt.

Doch es gibt zahlreiche Tendenzen, diese so wichtigen, aber noch weitaus zu zaghaften Fortschritte infrage zu stellen: es besteht die  Gefahr eines „roll back“, u.a. in Zusammenhang mit dem „Green Deal“.  

Gerade die kommenden sechs Jahre werden entscheidend sein, ob z.B. das Klimaschutzziel, die Begrenzung der Erderwärmung um nicht mehr als 1,5 Grad erreicht sowie der Biodiversitätsverlust eingedämmt werden können.

Sie werden maßgeblich dafür sein, in welche Richtung sich die Europäische Gemeinschaft u.a. im Bereich der nachhaltigen Entwicklung entwickeln wird. Werden z.B. kurzfristige ökonomische (vermeintliche) Sachzwänge dominieren oder werden Weichen gesetzt, damit unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben und ein gerechterer Handel mit den ärmeren Ländern der Welt erfolgt?

Der Mouvement Ecologique unterstützt den Forderungskatalog „Natürlich Europa – Wir haben die Wahl“, der von über 90 Organisationen erstellt wurde und ein Plädoyer für ein nachhaltiges, zukunftsorientiertes Europa setzt. Darin heisst es u.a.:

 

„(…) die Antwort auf die vielfältigen Krisen sind nicht weniger Nachhaltigkeit, weniger Klima-, Natur-, Tier- und Umweltschutz oder weniger Europa. Stattdessen müssen wir noch gezielter in Natur-, Tier- und Klimaschutz, die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs, eine nachhaltige Infrastruktur, Industrietransformation und den Erhalt der Biodiversität als unsere Lebensgrundlage investieren.

Damit ersparen wir uns und nachfolgenden Generationen weit höhere Kosten in der Zukunft. (…)“.

 

Der Mouvement Ecologique hat u.a. auf der Grundlage dieses Dokumentes seine eigenen Erfahrungen auf EU-Ebene und internen Diskussionen 24 Fragen an die politischen Parteien herauskristallisiert, die stellvertretend für Richtungsentscheidungen auf EU-Ebene für eine nachhaltige Zukunft sind, und gibt den Wähler:innen diese als Entscheidungshilfe mit auf den Weg.

 

Dies u.a. in den Bereichen der Demokratisierung und sozialen Gerechtigkeit, der ökologischen Transition und deren Finanzierung, der Mobilität, der Klima-, Ernährungs- und Biodiversitätspolitik.

 

Konsens in einer Reihe von wesentlichen Fragestellungen zwischen den Parteien

Die Antworten der Parteien auf den Fragebogen ergeben einen beeindruckenden Konsens in vielen Bereichen:

Dies z.B. was die Fragen zur notwendigen Weiterentwicklung demokratischer Prozesse auf EU-Ebene anbelangt, die Möglichkeit, Vertragsverletzungen zu ahnden, die Abschaffung umwelt- und klimaschädlicher Subventionen und die Einführung eines „green budgeting“, die verstärkte Durchsetzung des Verursacherprinzips im Verkehrsbereich (u.a. Besteuerung von Kerosin), der prioritär zu realisierende Ausbau des Schienennetzes, der notwendige Ausbau des Biolandbaus u.v.a.m.

Es dürfte interessant sein, zu verfolgen, wie diese derzeitigen Versprechen – auch unabhängig von der EU-Ebene – in Luxemburger Recht umgesetzt werden. Dies gilt z.B. für den Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen oder das „green budgeting“, zwei Maßnahmen, die auch unabhängig von der EU-Ebene auf Luxemburger Ebene sofort umgesetzt werden könnten (und auch von einer Reihe von anderen EU-Ländern angegangen werden).

 

Jedoch auch relevante Unterschiede

Es gibt aber auch sehr aufschlussreiche Unterschiede in einer Reihe von Bereichen zwischen den an Parteien. Dabei reicht der Blick auf die „Ja – Nein“ Antworten nicht aus. Vielmehr sind auch die besonderen Anmerkungen der Parteien zu unterschiedlichen Fragen äußerst aufschlussreich. Es sei darauf hingewiesen, dass der Mouvement Ecologique gezielt etwas ausführlichere Fragen stellte und z.T. auch mehrere Instrumente zum Erreichen eines Zieles in einer Frage anführte. Es ist im Folgenden nicht möglich, diese an die Parteien gerichteten Fragen und angeführten Maßnahmen integral wiederzugegeben. Folgende Analyse ist notgedrungen eine summarische Darstellung. Die detaillierten  Fragestellungen und Anmerkungen der Parteien finden Sie auf www.meco.lu.

 

Folgende Interpretation ergibt sich nach Ansicht des Mouvement Ecologique aus dem Fragenkatalog:

  • Mir d’Vollek ist der Überzeugung, dass der Fragenkatalog „von falschen Voraussetzungen“ ausgeht und hat entsprechend die Fragen nicht beantwortet. Die menschengemachte Klimakrise leugnen sie.

 

  • Die LSAP stimmt allen Fragen zu, formuliert bei 13 jedoch besondere Anmerkungen. Es ist dabei jedoch nicht immer ganz ersichtlich / erkennbar, inwiefern die Zustimmung durch diese Anmerkungen doch etwas abgeschwächt wird.
    * Wenn die Frage z.B. lautet „Weg kommen vom PIB als Wachstumsindikator, hin zu Fortschrittsindikatoren“ plädiert die LSAP für einen „PIB du bien-être als Wachstumsindikator“.
    * Oder aber bei der Frage nach einer Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik mit konkreten Aussagen stimmt die LSAP zwar zu, führt aber in den Anmerkungen an, dass diese „mit den betroffenen Landwirten definiert werden muss“. Bis dato war es aber bekanntermaβen so, dass die Landwirtschaftsverbände sich z.T. gegen bestimmte Reformen aussprechen. Was gilt nun für die LSAP, wenn sich Landwirtsverbände weiterhin Neuerungen zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen sperren? Das „Ja“ oder die „Anmerkung“?
    * Aufschlussreich ist, dass die LSAP auch eine Absage – in der heutigen Form – an das Mercosur-Abkommen mit den südamerikanischen Staaten erteilt sowie generell einklagbare Nachhaltigkeitsklauseln in Freihandelsabkommen befürwortet, die über dem Investorenschutz stehen. Des Weiteren spricht sie sich für ein Lieferkettengesetz aus, das über die heutigen Bestimmungen hinaus geht.
    Insgesamt spricht sich die LSAP demnach für Reformen im Sinne des Klima- und Biodiversitätsschutzes aus. Betont wird in diesem Zusammenhang die Sozialverträglichkeit.

 

  • Die KPL stimmt allen Fragen zu, wobei in den Anmerkungen (insgesamt 8) vor allem auch grundsätzliche systemrelevante Überlegungen angestellt werden (z.B. zur Militarisierung, Profitinteressen von Lobbies). Beim Biolandbau wird darauf verwiesen, dass sich dessen Förderung „nicht negativ auf die Preise für Nahrungsmittel in den Geschäften auswirken darf“.
    Insgesamt ein Bekenntnis zur nachhaltigen Entwicklung mit einem Fokus auf dem Schutz der Geringverdiener und eines „Systemwechsels“.

 

  • Déi Lénk bejahen ebenfalls alle Fragen und formulierten 19 Anmerkungen. Dabei werden häufig Anmerkungen betreffend den Impakt auf die Konsumenten angeführt. So z.B. auch bei der Frage betreffend die höhere Besteuerung des Ressourcenverbrauchs („eine stärkere Besteuerung der Konsumenten darf allerdings erst dann erfolgen, wenn vollwertige Alternativen zur Verfügung stehen“) oder aber betreffend die Förderung des Biolandbaus („Diese Ziele sind allerdings nur dann zu erreichen, wenn die Landwirte dabei ihr Einkommen verbessern können“).Déi Lénk bekennen sich zu den Zielen des Erhaltes der Biodiversität und dem Schutz des Klimas, dies mit besonderen sozialpolitischen Verweisen.

 

  • Die DP befürwortet 20 Fragestellungen, lehnt eine ab, gibt zweimal keine Antwort, formuliert zwei Anmerkungen und eine Antwortmöglichkeit neu.
    * Die DP lehnt die Einführung einer Steuer für Superreiche ab;
    * Keine Antwort gibt es seitens der DP bei den Fragen:
    – nach Kriterien für sozialere, demokratischere und ökologischere Freihandelsabkommen;
    – zur Energiewende – Ausstieg aus der Nutzung von fossilem Gas und Öl bis 2040 und Ausbau der erneuerbaren bis 2030 um 30% sowie dem Aus für den Verbrenner (ohne Erklärung) sowie das Reduktionsziel der CO2-Emissionen von -95% bis 2040.
    * Auf die Frage, ob sie die Ansicht teilt, dass die EU ein Reduktionsziel von -95% bis 2040 mit entsprechenden Instrumenten zur graduellen Umsetzung des Zieles festhalten solle, gibt sie an „Wir möchten ambitionierte, aber realistische Ziele bis 2040. Außerdem halten wir weiter am Ziel der Klimaneutralität bis 2050 fest“.
    * Die weitere Anmerkung betrifft die Atomkraft. Die DP ist für einen Ausstieg aus der Atomkraft, ist dabei aber der Überzeugung, dass „Forschungsgelder nur für Atommüll und Sicherheit der bestehenden Reaktoren“ investiert werden sollen.Demnach: Die DP äußert sich positiv zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen zum Klima- und Biodiversitätsschutz, aber zu weniger ehrgeizigen Klimazielen als seitens der Umweltorganisationen gefordert und sie lehnt eine Reichenbesteuerung ab.

 

  • Die CSV bejaht 15 Forderungen des Mouvement Ecologique, sie lehnt deren 6 ab und äußert dreimal keine Meinung. Dabei formuliert sie elf Anmerkungen.
    Die CSV lehnt folgende Forderungen ab:
    – Die Anregung, statt des Bruttoinlandproduktes als Wachstumsindikator Fortschrittsindikatoren festzulegen, wie das „PIB du bien-être“. Beide würden sich, so die Anmerkung der CSV, nicht ausschließen.
    – Die stringente Reform der heutigen Freihandelsabkommen aus Nachhaltigkeitssicht und die Ablehnung des Mercosursabkommens (die Frage beinhaltete alle Aspekte). Dies ohne dass diese Absage kommentiert wurde.
    – Abgelehnt wird ebenfalls die Einführung einer Steuer für Superreiche.
    – Die CSV lehnt die Forderung nach einem bedingungslosen „Nein“ zur Atomkraft und zu weiteren Forschungsgeldern z.B. im Bereich der Atomkraftwerke der vierten Generation ab. Sie schreibt in ihren Anmerkungen, dass Forschung in Entsorgung und Weiterverwendung von atomaren Abfällen weitergetrieben werden muss.
    – Eine Absage erteilt die CSV auch an die Bindung von allen Geldern der Gemeinsamen Agrarpolitik (spätestens ab 2034) an zu erreichende Umweltziele, an Instrumente zur Reduktion des Importes von Futtermitteln aus Drittländern sowie ein verbindliches Ziel zur Reduktion der CO2-Emissionen im Landwirtschaftssektor.
    – Des Weiteren spricht sich die CSV gegen eine Absage an die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung aus.
    * Ohne Antwort bleibt die CSV bei den Fragen nach einem Reduktionsziel der CO2-Emissionen von -95% bis 2040, dem Aus aus der Nutzung von fossilen Energien bis 2040, dem Ausbau der Stromproduktion zu 100% auf Erneuerbaren bis 2030 sowie diversen Massnahmen im Biodiversitätsbereich wie der Wiederherstellung von Ökosystemen auf mindestens 20 Prozent der Fläche im Offenland.Insgesamt scheint die CSV, und dies hebt sie auch mehrfach in den besonderen Anmerkungen hervor, zwar für Maßnahmen im Klima- und Biodiversitätsbereich einzustehen. Jedoch mit Abstrichen und auf pragmatische Art und Weise und durch Anreize (z.B. „Anreize statt Besteuerung“). Dabei betont sie die Technologieoffenheit.

 

  • Déi Gréng befürworten alle Forderungen. Dabei formulieren sie bei allen Fragen zusätzliche z.T. detaillierte Anmerkungen, die in der Regel die Forderungen noch weiter bekräftigen und Zusatzinformationen geben. Dies gilt für alle angesprochenen Themenbereiche. Déi Gréng stehen konsequent bei ihren Antworten zum Fragebogen ein für Reformen und eine Fortentwicklung der EU im Sinne der nachhaltigen Entwicklung, betonen dabei aber auch die soziale Dimension.

 

  • Die Piraten befürworten 21 der Aussagen, lehnen zwei ab und bleiben einmal ohne Antwort
    * Auf Ablehnung stößt bei den Piraten die bereits mehrfach in dieser Auswertung erwähnte Forderung betreffend die Ziele im Klimabereich (Stopp fossile Energien bis 2040, Stromversorgung zu 100% aus Erneuerbaren bis 2030) sowie das Nein zum „Carbon Capture“. Die Partei verweist dabei auf ihr Wahlprogramm.
    * Bei der Nicht-Beantwortung auf die Frage der Besteuerung der Superreichen wird auf das jeweilige Kapitel im Wahlprogramm verwiesen.  Die Piraten treten somit durchaus für eine nachhaltige Politik ein. Jedoch nicht für ehrgeizigere Ziele im Klimabereich, wie sie die Verbände fordern  und sie befürworten auch rein technische Ansätze, wie das Carbon Capture.

 


Das Stimmverhalten der Luxemburger EU-Abgeordneten in der vergangenen Legislaturperiode

Die fünf großen europäischen Umweltverbände haben das Abstimmungsverhalten der EU-Abgeordneten der verschiedenen Länder während der vergangenen Legislaturperiode aufgrund von wichtigen Themen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung analysiert.

Was die Luxemburger Vertreter:innen anbelangt, kamen sie zu folgendem Resultat, was die Zustimmungsrate zu relevanten parlamentarischen Entscheidungen im Sinne der nachhaltigen Entwicklung betrifft:

Christophe Hansen: 28.24 %

Isabel Wiseler-Lima: 32.42 %

Martine Kemp: 35.15 %

Monica Semedo: 55.97 %

Charles Goerens: 64.46 %

Marc Angel: 82.24 %

Tilly Metz: 95.18 %

 

Die Umfrage sowie die Analyse der Umfrage finden Sie als pdf. in den Downloads.

 

28.05.2024