Naturschutz Land- und Forstwirtschaft
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Aktionsplan „Pestizide“: Wo bleibt eine kohärente Reduktionsstrategie ?

Offener Brief des Mouvement Ecologique an die Luxemburger Regierung sowie den Landwirtschaftsminister

Luxemburg müsste seit 2012 über einen Aktionsplan Pestizide verfügen. Sowohl unter der vorherigen als auch unter der jetzigen Regierung wurde dessen Erstellung immer wieder hinausgeschoben und verschleppt.

Angesichts der steigenden Belastung des Oberflächen- und Grundwassers, des Biodiversitätsverlustes, des Bienensterbens u.a.m. ist diese Situation absolut unverständlich und unverantwortlich!

Immerhin wurde im Juni dieses Jahres mit erheblicher Verspätung endlich der Entwurf eines Aktionsplanes vorgelegt und – wie es EU-Recht vorsieht – im Rahmen einer öffentlichen Prozedur zur Diskussion gestellt.

Ein Aufruf des Mouvement Ecologique (mit der Unterstützung der „Bio-Lëtzebuerg“ sowie der “Initiativ Liewensufank”) der wesentliche Verbesserungen am Entwurf einklagte, unterstützten innerhalb kürzester Zeit Hunderte von BürgerInnen mit ihrer Unterschrift. Eingefordert wurden verbindlichere Ziele, klarere Instrumente, eine verstärkte Förderung von Alternativen zum Pestizideinsatz…

Seit Juni aber rührt sich nichts mehr um den Aktionsplan. Weder wurden jene BürgerInnen kontaktiert, die fundierte Einwände und Verbesserungsvorschläge vorbrachten, es wurde auch nicht auf die fachliche Studie von “générations futures” reagiert, die im Auftrag des Mouvement Ecologique erstellt wurde und basierend auf Erfahrungen aus Frankreich konkrete Anregungen für den Luxemburger Aktionsplan erstellte … Es wurde nicht einmal ansatzweise seitens des Landwirtschaftsministeriums angeführt, in welchem Zeitrahmen und in welchem Sinne am Aktionsplan gearbeitet werden soll.

Immerhin wurde rezent eine statistische Datenbank der in Luxemburg verwendeten Pestizide online gestellt. Doch diese lässt fachlich stark zu wünschen übrig. Die Angaben und Zahlen sind hochgerechnet aus dem Testbetriebsnetzwerk des SER („Service d’Economie Rurale“), sodass die Wirkstoffliste keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Sie müsste durch Verkaufszahlen, wie es in den anderen EU-Ländern der Fall ist, ergänzt werden. Für eine effiziente Beratungsarbeit sind schlags- bzw. betriebsspezifische Referenzindikatoren und –werte, wie z.B. des bereits länger angekündigten Indikators IFT, absolut notwendig. Saatgutbeizmittel werden erst gar nicht erfasst (darunter auch  die besonders giftigen Neonikotinoide, eine der Ursachen des Bienensterbens), da es vermeintlich an diesbezüglichen Informationen mangelt…. So begrüßenswert es ist, dass erste Grundinformationen vorliegen, so beschämend ist es, dass Jahre nach dem Bekanntwerden der Problematik, Luxemburg nun eine mangelhafte Datenbank zur Verfügung erstellt, die für Berater kaum von Nutzen ist.

Kommt hinzu: parallel war das Landwirtschaftsministerium im November dieses Jahres Koorganisator einer „Fachtagung“ der Landwirtschaftskammer zum Thema „Innovativer Pflanzenschutz“, bei welcher ein Vertreter des Bayer-Konzerns einer der 3 Referenten war, mit dem Thema: „30 Jahre Erfahrung mit professioneller Agrar-Spritztechnik“. Ein weiterer Vortrag befasste sich mit der Fragestellung: „Schnell Sauber mit kontinuierlicher Spritzleistung“. Dazu erübrigt sich jeder Kommentar…

Es reicht nun mit der Trägheit, Unfachlichkeit und Doppelmoral des Landwirtschaftsministeriums! Die gesamte Regierung – und dabei vor allem das Landwirtschafts-, aber auch das Gesundheits- und Nachhaltigkeitsministerium – müssen nun ihre Verantwortung übernehmen. Statt zweifelhafte Seminare mit Promotoren von Pestiziden zu koorganisieren, muss das Landwirtschaftsministerium endlich im Sinne der Allgemeinheit agieren, sprich des Gesundheits- und Naturschutzes! Dies wäre im übrigen auch in der Kontinuität des Rifkin-Prozesses, in welchem sich sogar für 100% Biolandbau ausgesprochen wird.

Der überarbeitete Aktionsplan muss endlich auf den Tisch und in einem Dialog mit allen Akteuren diskutiert werden. Dieser Plan muss letztlich, nicht nur den Konsumenten, sondern auch unseren Landwirten eine Brücke in eine pestizidfreie Zukunft bauen, in deren eigenem Interesse!

 

Mouvement Ecologique asbl.