Zusatzprotokoll rechtlich und inhaltlich umstritten: Luxemburg muss seine Zustimmung zu CETA im EU-Ministerrat verweigern!
Juristische Analyse der York University Toronto
Juristische Analyse der Anwaltskanzlei Goldblatt Partners aus Toronto
Juristische Analyse des generellen Netzwerkes
Juristische Analyse des generellen Netzwerkes - deutsche Fassung
Analyse von kanadischen Akteuren
CETA Analyse préliminaire CSL
Analyse générale d'acteurs français
Resolution des DGB Bundesvorstandes zum europäisch-kandischen Freihandelsabkommen CETA
lettres juristes ClientEarth - refus communication (1)
lettres juristes ClientEarth - refus communication (2)
Das geplante Freihandelsabkommen CETA – und hier besteht Konsens in der Analyse – wird von großer Tragweite in sozialen, ökologischen, verbraucherpolitischen und auch wirtschaftlichen Belangen sein.
Deshalb muss eine Entscheidung für oder gegen CETA auf einer sachlichen und fachlichen Debatte basieren. Auf keinen Fall darf sie mit personellen Fragen oder Aspekten der Koalitionsraison verbunden und getroffen werden! Gerade bei einem Abkommen, welches die gesellschaftliche Entwicklung wesentlich beeinflussen wird, muss der Inhalt vor parteipolitischen Überlegungen stehen. Das Koalitionsabkommen der Regierungsparteien verpflichtet die Majoritätsparteien zudem in keinster Weise in diesem Dossier, da es keine Vorgaben macht. Insofern müssten alle Parteien in aller Offenheit entscheiden können.
Die Luxemburger „Stop CETA und TTIP Plattform“ bleibt – wie weite Teile der europäischen Zivilgesellschaft – nach wie vor der Überzeugung, dass der Entwurf des CETA-Textes mit negativen Konsequenzen in wesentlichen Lebensbereichen verbunden wäre und deshalb in dieser Form nicht verabschiedet werden darf. Fakt ist dabei, dass es augenscheinlich zentrale Interpretationsdifferenzen über wesentliche Elemente des Textes zwischen der Regierung, Regierungsparteien und der Plattform gibt. Angesichts der Bedeutung des Vertrages müssten diese Differenzen ausdiskutiert werden, bevor eine Regierungsentscheidung fällt.
Hervorzuheben ist, dass auch die Regierungsparteien selbst eingeräumt haben, dass CETA wesentliche Schwachstellen aufweist.
Gerade deshalb haben LSAP und „Déi Gréng“ ihre Zustimmung von den Zusatzprotokollen („Joint Interpretative Declaration”) abhängig gemacht. Insofern räumen sie selbst Probleme im bestehenden Vertragsentwurf ein.
Die „Stop CETA und TTIP Plattform“ bleibt – wie weite Kreise der europäischen und kanadischen Zivilgesellschaft – der Überzeugung, dass der Vertragsentwurf als solcher überarbeitet werden muss und CETA nicht unterschrieben werden darf: dies gerade auch, weil das Zusatzprotokoll keine zufriedenstellende Lösung für die grundsätzlich mangelhafte Ausrichtung des Abkommens darstellt.
Doch sogar jene, die dachten, die Zusatzprotokolle würden wichtige Verbesserungen bringen, wurden eines Besseren belehrt. Probleme gibt es auf mehreren Ebenen, vor allem folgende seien hervorgehoben:
- Aktuelle Gutachten stellen die Rechtsverbindlichkeit der Zusatzprotokolle in dieser Form in Frage. So z.B. eine spezialisierte Anwaltsagentur aus Kanada (siehe das Gutachten von Goldblatt Partners). Generell kann ein Protokoll zudem nicht im Widerspruch zum Vertragstext selbst stehen.
- Doch auch fundamentale inhaltliche Probleme werden nicht behoben, obwohl dies seitens der Kommission so dargelegt wird:
* Ausländischen Investoren werden nach wie vor weitreichende Rechte zu gestanden, die über jene von inländischen Betrieben hinausgehen, und vor allem nach wie vor die politische Entscheidungsfähigkeit beeinflussen. Akteure wie der DGB oder die SPD hatten z.B. vorgeschlagen, die Rechte von ausländischen Firmen rein auf einen Schutz vor Diskriminierung gegenüber inländischen Investoren zu begrenzen, dies ist nicht erfolgt!* Nicht ausreichend geregelt wurde ebenfalls, dass die Unabhängigkeit der “Schiedsrichter” reell gegeben sein muss (z.B. dass die Bezahlung der Schiedsrichter nicht von der Anzahl der behandelten Fälle abhängt).
* Die öffentlichen Dienstleistungen werden nicht explizit aus dem Abkommen ausgeschlossen. Nach wie vor kann ein Investor in Frage stellen, ob die Nicht-Auslagerung einer Dienstleistung effektiv legitim ist. Solange dieses Klagerecht nicht aufgehoben wird, sind öffentliche Dienstleistungen ganz konkret von CETA betroffen!
* Gleiches gilt für öffentliche Ausschreibungen: Sozial-ökologische Kriterien können noch immer als Handelshemmnis angesehen werden und Investoren Schadensersatzklagen einreichen;
* Das Recht zu regulieren der Staaten wird durchaus noch immer eingegrenzt. Dies u.a. da Investoren die Möglichkeit haben, Nationalstaaten vor die Schiedsgerichte zu zitieren, wenn sie Bestimmungen als nicht legitim ansehen;
* Auch das Vorsorgeprinzip ist weiterhin nicht garantiert, da weiterhin der “wissenschaftsbasierte” Ansatz in CETA gilt. Bis dato ist nicht sichergestellt, dass das europäische Vorsorgeprinzip in der Hierarchie der Bestimmungen stärker wirkt als alle Regeln des CETA-Vertrages;
* und, wie der DGB es formuliert, fehlt ein Sanktionsmechanismus im Bereich Arbeitnehmer- und Umweltrechte: „Die Umsetzung der Kapitel zu Handel und Arbeit, nachhaltiger Entwicklung und Umwelt muss effektiv überwacht werden. Um dies zu erreichen, muss der vorgesehene Überwachungsmechanismus reformiert und ein neuer Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen Arbeitnehmer- und Umweltrechte eingeführt werden. Konkrete Schritte zum Aufbau dieser Mechanismen müssen bereits in den bilateralen Klarstellungen festgeschrieben werden.“
Den kompletten Pressetext sowie Analysen, Resolutionen und Stellungnahmen von verschiedenen internationalen Akteuren finden Sie in den Downloads
„Riesenerfolg der Protestveranstaltung gegen CETA und TTIP“