Die Menschheit steht vor der größten Herausforderung ihrer Geschicht: Ein sich dramatisch veränderndes Weltklima und der beispiellose Rückgang der Artenvielfalt auf unserem Planeten bedrohen die Welternährung und letztlich den Fortbestand unser Spezies. Zu dieser beunruhigenden Erkenntnis gelangten vor kurzem unabhängig voneinander die Welternährungsorganisation (FAO, Februar 2019[1]), der Weltbiodiversitätsrat (IPBES,Mai 2019[2]) sowie der Weltklimarat (IPCC, August 2019[3]). Die Wissenschaftler*innen ließen keinen Zweifel daran, dass die Probleme menschengemacht sind und ihre Lösung rasche, tiefgreifende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft verlangt. Dazu zählt eine radikale Umstellung der globalen Energiegewinnung auf erneuerbare Energieträger sowie eine grundlegende Transformation unserer Landnutzung, insbesondere der Art und Weise, wie wir unsere Lebensmittel produzieren.
Aus dieser Dringlichkeit heraus will die Europäische Bürgerinitiative “Bienen und Bauern retten“ zum Katalysator für eine Transformation der Landwirtschaft werden: Für eine Landwirtschaft, die auf agrarökologischen Grundlagen basiert und daher die Artenvielfalt fördert. Eine solche Landwirtschaft schont natürlichen Ressourcen, verhindert Bodendegradation, baut Humus auf und trägt zum Klimaschutz bei, indem sie mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre bindet als sie selbst freisetzt. Eine solche Landwirtschaft ist die beste Antwort auf die wachsenden Herausforderungen durch die Biodiversitäts- und Klimakrise und daher auch am besten geeignet, die Welternährung für zukünftige Generationen sicherzustellen.
Grundvoraussetzung und stärkster Hebel für den Übergang vom gegenwärtigen input-intensiven Landwirtschaftsmodell zu einem Modell, das die Biodiversität fördert und auf natürlichen Kreisläufen beruht, ist der Ausstieg aus chemisch-synthetischen Pestiziden. Uns ist bewusst, dass 15 Jahre für die Landwirtschaft eine sehr kurze Zeitspanne sind, um sich aus der Abhängigkeit von Pestiziden zu befreien. Dies wird alle Beteiligten, allen voran die Landwirt*innen, vor nie dagewesene Herausforderungen stellen. Doch die Chance für einen gemächlichen Wandel wurde bereits verspielt. 2008 hatte der von der Weltbank initiierte Weltagrarrat angesichts alarmierender Prognosen für die Entwicklung des Weltklimas und der Artenvielfalt eindringlich gewarnt, dass „Business as usual keine Option“ mehr ist [4]. Zu den zentralen Empfehlungen des Weltagrarrats zählte schon damals der Umstieg auf Anbaumethoden mit geringem externen Input, die Förderung und Weiterentwicklung agrarökologischer Methoden, der biologische Ersatz von Agrochemie sowie Investitionen in Pflanzenzüchtungen für bessere Temperatur- und Schädlingsbeständigkeit.
Leider blieben diese Empfehlungen weitgehend ungehört. “Business as usual” blieb der Mainstream der weltweiten Agrarpolitik, während das Zeitfenster für Maßnahmen zur Abwendung eines ökologischen Kollaps zusehends kleiner und kleiner wurde. Heute müssen wir feststellen, dass unsere Generation die letzte Generation ist, die es noch in der Hand hat, wirksame Maßnahmen zur Eindämmung des Artensterbens und des Klimawandels einzuleiten. Ob wir dies schaffen oder nicht, entscheidet darüber, ob jener Planet, der die Entwicklung unserer Zivilisation ermöglicht hat, dieselben lebensfreundlichen Voraussetzungen auch zukünftigen Generationen wird bieten können. Dafür zu sorgen liegt in unserer Verantwortung. Mit der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauen retten” wollen wir uns dieser Verantwortung stellen.
[1]http://www.fao.org/3/CA3129EN/CA3129EN.pdf
[2]https://www.ipbes.net/global-assessment-report-biodiversity-ecosystem-services
[3]https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2019/08/Fullreport-1.pdf
[4]https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/IAASTDBerichte/GlobalReport.pdf