Klimaschutz bedeutet Verbraucherschutz – und erfordert Handeln statt leere Worthülsen!
Mit äußerstem Befremden hat der Mouvement Ecologique die Stellungnahmen des ACL und der ULC zum Klima- und Energieplan zur Kenntnis genommen.
Mit ihren rezenten Aussagen reihen sie sich in die Liste jener Akteure und Interessenvertreter ein, die zwar vorgeben, sie seien für mehr Klimaschutz … in Wirklichkeit aber scheinbar vor allem „andere“ in der Pflicht sehen! Konkrete vorliegende und sie selbst betreffende Maßnahmen und Instrumente, werden aber als nicht wirksam oder als sinnlos abgetan oder werden zeitlich verschoben. „Klimaschutz Ja: aber bitte kostenfrei und ohne gesellschaftliche Veränderungen“, so scheint die Devise von so manchen zu sein. Eine Einstellung, die unweigerlich in die Sackgasse führen wird.
Handeln ist gefragt – keine leeren Worthülsen!
In Zeiten,
- in denen es einen überwältigenden Konsens zwischen Wissenschaftlern gibt, dass unserer Gesellschaft nur noch 10 Jahre verbleiben, um die Klimakatastrophe abzuwenden;
- in denen laut Meteorologen die letzten 6 Jahre die wärmsten waren, seit den Messungen erhoben werden und somit der Klimawandel immer mehr im Alltag spürbar ist;
- in denen gewusst ist, dass jedwedes weitere Verzögern von Maßnahmen unweigerlich dazu führt, dass irgendwann umso drastischere Einschnitte notwendig werden,
ist es nicht mehr hinnehmbar, wenn wir in alten Mustern verharren, alte Gepflogenheiten verteidigen oder mit dem Finger auf andere zeigen. Konsequentes und sofortiges Handeln ist ein Muss!
Insofern: Alle Akteure müssten vehement für konsequente Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen eintreten!
Zur Erinnerung: der Transportsektor ist in Luxemburg für etwa 65% der Luxemburger CO2-Emissionen verantwortlich (Stand 2017).
Neuwagenflotte: Steigende statt sinkende Emissionen!
Die Neuwagenflotte ist alles andere als umweltschonend! Im Gegenteil: So stiegen – nach einem stetigen Rückgang von 2010 bis 2016 um fast 22 g CO2/km – im Jahr 2017 die durchschnittlichen Emissionen neuer Personenkraftwagen um 0,4 g CO2/km. Den vorläufigen Daten zufolge setzte sich der Aufwärtstrend mit einem zusätzlichen Anstieg von 2,0 g CO2/km im Jahr 2018 fort – dies trotz energieeffizienteren Motoren! Das Verursacherprinzip verlangt, dass Wagen mit höheren Emissionen auch ensprechend höher besteuert werden.
Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu verstehen, warum ACL und ULC somit indirekt die neue Bemessungsgrundlage (WLTP) der Fahrzeugemissionen (und die damit veränderte Besteuerung für bestimmmte Fahrzeuge) in Frage stellen. Schließlich sind die Autokäufer und die Allgemeinheit über Jahre hinaus auf skandalöse Art und Weise von der Automobilindustrie belogen worden!
Beide Organisationen müssten doch begrüßen, dass diesem Irrsinn endlich ein Riegel vorgeschoben wird und die Regierung – wie von der EU vorgeschrieben – die Offenlegung der reellen Emissionswerte einfordert und diese dann auch als Bemessungsgrundlage für die Autosteuer nimmt.
Es ist doch gerade im Sinne der Verbraucher, wenn somit auch Druck auf die Automobilindustrie ausgeübt wird, um emissionsärmere Fahrzeuge mit weniger Verbrauch zu produzieren! Dies im Sinne der Gesundheit der Menschen, der Luftqualität, des Klimaschutzes und schlussendlich auch des Portemonnaies (geringerer Verbrauch = weniger Kosten).
Deshalb begrüßt der Mouvement Ecologique ausdrücklich, dass die Regierung über Sensibilisierungskampagnen, aber auch über eine Erhöhung der Benzin- und Dieselpreise bzw. die Besteuerung der Fahrzeuge, verstärkt Anreize schaffen will, damit emissionslose bzw. -ärmere Fahrzeuge gekauft und auch weniger Kilometer gefahren werden.
Akzisenerhöhung und Steuerreform sind eine ökologische Notwendigkeit!
Die Herstellung der Preiswahrheit des Autoverkehrs ist eine politische Priorität:
- Die CO2-Emissionen verursachen Kosten, die derzeit von der Allgemeinheit übernommen werden müssen, und vor allem die kommenden Generationen. Wesentlich für ein klimaverträglicheres Verhalten ist deshalb, dass die Preise von Waren mehr und mehr die Realität widerspiegeln und anfallende Kosten nicht mehr der Allgemeinheit übertragen werden. Preiswahrheit setzt ein deutliches Signal und führt über kurz oder lang auch zu Verhaltensänderungen! Sie ist die Basis schlechthin für die Transformation unseres Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells!
- Sicherlich verändern die leichten Akzisenerhöhungen auf Benzin und Diesel nicht fundamental das Verhalten des Einzelnen, aber: Es ist ein richtiger Schritt in Richtung Preiswahrheit! Die Preise müssen in Zukunft graduell weiter ansteigen, wenn sie Wirkung haben und effektiv alle externen Kosten beinhalten sollen. Jeder Einzelne hat noch immer die freie Wahl bzw. die Möglichkeit sich auf diese Entwicklung einzustellen. So werden durchaus Verhaltensänderungen stattfinden, vor allem da ja auch, parallel dazu, der öffentliche Transport massiv ausgebaut wird u.a.m.
Diese verkehrspolitischen Initiativen sind deshalb nach Ansicht des Mouvement Ecologique auch im Interesse des Verbraucherschutzes sowie der Autofahrer.
Ausgleichsmaßnahmen für einkommensschwache Haushalte !
Es ist unabdingbar, dass Mehrbelastungen für einkommensschwache Haushalte sozial abgefedert werden. Der Mouvement Ecologique hat wiederholt eingefordert, dass die Regierung ein entsprechendes Modell (z.B. über ein Oekobonus-System) vorlegt, das auch auf konkreten Berechnungen beruht, welche Haushalte ggf besonders belastet werden und wie Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden können.
Aber: Wer für eine klimagerechte Preiswahrheit eintritt muss feststellen, dass Benzin und Diesel in Luxemburg ganz einfach zu billig sind! Die Schäden für Mensch und Umwelt dagegen sind dabei erheblich! In allen Nachbarländern sind die Spritpreise weitaus höher, man müsste die Preise für Benzin und Diesel erheblich erhöhen, um das dortige Preisniveau zu erreichen! Deshalb sollte man dazu stehen, dass Klimaschutz und die damit verbundene Kostenwahrheit eben auch zu gewissen Mehrkosten führen, die allerdings nur für bestimmte Haushalte ausgeglichen werden.
Man sollte in der Tat das Ausmaß dieser „Mehrbelastungen“ nicht übertreiben. Bedeutet denn eine (leichte) Preiserhöhung des Benzins bzw. eine Berücksichtigung der reellen CO2-Emissionen (WLTP) tatsächlich den Ruin eines Großteils der (nicht einkommensschwachen) Autofahrer, so wie es vielfach dargestellt wird?
Handeln! Jetzt! Wir alle, auch dank staatlicher Vorgaben!
Es geht nicht anders: wenn unsere Gesellschaft klimaverträglicher gestaltet werden soll, dann müssen endlich auch die reellen Kosten für umweltbelastendes Verhalten bezahlt werden. Dies ist beim Individualverkehr derzeit bei weitem nicht der Fall! Tiefgreifende Kurskorrekturen sind längst überfällig.
„Die Bürger müssen selbst entscheiden können, wie sie sich fortbewegen wollen”, wird der Präsident der ULC in der Presse zitiert. Dieses Recht wird niemandem abgesprochen! Aber: in Zeiten des Klimawandels und auch des Biodiversitätsverlustes, ist es die klare Pflicht der Regierung für eine nahhaltige Politikgestaltung einzustehen. Das heißt: klare Prioritäten zu setzen, prioritär in den öffentlichen Verkehr zu investieren und jene, die die Umwelt belasten, stärker zur Kasse zu bitten (und nur die wirklich finanzschwachen Haushalte zu entlasten bzw. zu unterstützen!).
Klima- und Biodiversitätsschutz betreibt man nicht mit dem schlechten Gewissen einiger BürgerInnen, sondern durch das Verändern der strukturellen Rahmenbedingungen! Dies möchte die Regierung im Klimaplan angehen, und es wäre an allen gesellschaftlichen Akteuren dies zu unterstützen!
Insofern: einige Vorschläge der ULC sowie des ACL – wie z.B. die Förderung von Fahrgemeinschaften – finden durchaus die Unterstützung des Mouvement Ecologique. Und es sollte mit vereinten Kräften daran gearbeitet werden. Aber Klima- und Biodiversitätsschutz verlangen darüber hinausgehende Schritte, die dann eben auch ein fundamentaleres Umdenken erfordern.