Besichtigung des Klimabaumpfades in Ettelbrück
Welche Bäume für unsere Städte und Dörfer in Zeiten des Klimawandels?
Am Samstag, den 14. Mai, lud der Mouvement Ecologique, seine Regionale Nordstad, und das Oekozenter Pafendall die Mitglieder der Regionale Nordstad zu einer Besichtigung des Klimabaumpfades in Ettelbrück ein.
Eine zweite Besichtigung – dieses Mal für ein Fachpublikum – fand am 21. Juni statt. Anwesend waren Vertreter:innen vom Umweltministerium, der Natur- und Forstverwaltung, der Ponts et Chaussées, verschiedener Gemeinden, Planer und Studienbüros.
Geleitet wurden beide Exkursionen von Eike Jablonski, Baum-Experte und seit 2017 Präsident der Deutschen dendrologischen Gesellschaft (DDG). Seit 1995 ist Eike Jablonski Lehrer am Lycée Technique Agricole (LTA) und erstellte auf dem ehemaligen Gelände des LTA in Ettelbrück eine Sammlung (Arboretum) an über 1.000 verschiedenen Baum- und Straucharten. Somit ist das Arboretum in Ettelbrück, welches 2021 vom Lycée Technique d‘Ettelbruck übernommen wurde, die wahrscheinlich artenreichste Gehölzsammlung in Luxemburg und der Großregion.
Arboretum in Ettelbrück – Referenzsammlung in Europa
Unter Dendrologen ist das Ettelbrücker Arboretum europa-, wenn nicht weltweit bekannt. Es gilt als Referenzsammlung in Europa – z. B. gibt es hier über 50 verschiedenen Holundersorten sowie viele Sorten von Haselnuss, Weißdorn oder Ahorn – und ist Teil des „Lost cultivars“ Projektes, heißt: Es gibt hier Gehölzsorten, die nur noch hier (und eventuell in einigen anderen Sammlungen) vorkommen.
Eine entomologische Studie (Studie zu Insekten) kam außerdem zu dem Schluss, dass das Arboretum – wahrscheinlich durch seine außergewöhnliche Vielfalt an Gehölzen – ein Hotspot für Insektenvielfalt darstellt. Auch Ornithologen bescheinigen dem Arboretum eine hohe Anzahl von Vogelarten, von denen viele auch im Arboretum brüten.
Klimawandel bedeutet Stress für Bäume
Hauptaugenmerk lag auf den Gehölzarten und -sorten, welche besonders gut mit Trockenheit und Hitze zurechtkommen, gleichzeitig aber auch winterhart sind, also Frostperioden im Winter gut überstehen.
Mit dem Klimawandel beginnt die Vegetationsperiode immer früher im Jahr. Am 14. Mai hatte es 26° C, am 18. Juni, drei Tage vor der zweiten Besichtigung waren es 36° C. Doch Frostnächte im Frühling können den Knospen und Blüten, welche verfrüht aufgehen, schwer zusetzen.
Nebst der Trockenheit, welche für die Pflanzen einen extremen Stress darstellen, kann auch die Hitze vielen Gehölzen schaden. Ab Temperaturen von 37° C beginnt die Eiweißgerinnung und die Blätter „verbrennen“/welken am Baum. Stammtemperaturen von über 50° C, die man an besonnten Stämmen von Stadtbäumen bei heißem Wetter gemessen hat, führen zu Stammschäden.
Die Veränderungen geschehen unheimlich schnell
Die Klimaveränderungen sind so schnell, dass nicht alle Arten sich schnell genug anpassen können.
Die Trockenheit beeinflusst auch z. B. den pH-Wert und Salzgehalt des Oberbodens. Bäume, die in der Baumschule an leicht sauren Boden (pH 6,5) gewöhnt waren, finden sich von einem Tag auf den anderen in Pflanzlöchern mit mineralischem Substrat mit leicht basischem pH-Wert (pH 7,5-8,0) wieder. Durch verstärkte Verdunstung steigt der Salzgehalt im Oberboden kontinuierlich an, wenn es nicht durch Regengüsse zu Auswaschungen kommen kann.
Mit dem Klimawandel und der Globalisierung können auch (neue) Schädlinge besser Fuß fassen, sich ausbreiten und den Gehölzen das Leben in unseren Dörfern und Städten erschweren. Auch „heimische“ Schädlinge, wie z.B. Eichenprozessionsspinner und Borkenkäfer, welche schon immer bei uns vorkommen, haben durch die Trockenheit und Hitze leichteres Spiel.
Eine Vielzahl an Stressfaktoren machen die Etablierung schwierig – alte Bäume müssen erhalten werden!
Eine Vielzahl an Stressfaktoren machen die Etablierung von neuen Bäumen im Siedlungsraum (aber auch außerhalb) zu einer immer schwierigeren Herausforderung. 10-15 % der neugepflanzten Bäume überleben das 5. Standjahr nicht. Faktoren, welche die Etablierung begünstigen sind:
- Arten- und Sortenauswahl muss den Standort berücksichtigen.
- Größe und Qualität des Wurzelraums: Die FLL rät zu einem Wurzelraum von mindestens 12 m3. Das Substrat sollte viele Poren enthalten, da Bäume auch über Ihre Wurzeln atmen und ein Gasaustausch sichergestellt werden muss.
- Wasserversorgung muss sichergestellt werden, – optimalerweise über Regenwasserrückhaltesysteme bzw. Schwammstadtprinzip.
- Düngung: muss den Bedürfnissen der Gehölze angepasst sein.
- Substrat: muss viele Anforderungen an Strukturstabilität und Porenvolumen (für den Luft- und Wasserhaushalt) erfüllen.
- Stammschutz: Frost- und Hitzeschutz z. B. durch Anstrich (Arborflex) oder Schilfmatten.
- Pflanzung: der Baum darf auf keinen Fall zu tief gepflanzt werden, damit die Wurzelatmung stattfinden kann.
Vielfalt ist die Lösung
Der beste Weg, mit all diesen Entwicklungen umzugehen, ist es, auf Vielfalt zu setzen. Davon ist auch Eike Jablonski überzeugt. Mono-Alleen sind von gestern. Heute müssen in Straßen und auf Plätzen eine Vielfalt an Gehölzarten gepflanzt werden. Nur so kann ein Totalausfall durch Schädlingsbefall oder unvorhergesehene klimatische Bedingungen verhindert werden.
Zu den „Klimabäumen“, welche im Arboretum in Ettelbrück besichtigt werden können, gehören z. B. :
- Mispel (Mespilus germanica, auf Luxemburgisch Hondsaasch): ein einheimischer Baum mit wunderschönen weißen Blüten. Die Früchte müssen dem Frost ausgesetzt sein, bevor sie gegessen werden können.
- Stein-Eiche (Quercus ilex): ursprünglich aus Südeuropa, jedoch sehr winterhart. Sie ist immergrün und sehr gut als Straßenbaum geeignet.
- Stinkesche (Tetradium daniellii): Ein sehr beliebter „Bienenbaum“. Die Blüten (Blütezeit August – September) riechen angenehm. Es sind die Blätter, denen der Baum seinen Namen verdankt.
- Judasbaum (Cercis siliquastrum): Diese Art aus Süd-Europa besitz eine Eigenschaft, welche meist nur von tropischen Gehölzen bekannt ist (z.B. dem Cacao-Baum). Rede ist von der Kauliflorie: die purpurnen Blüten (und somit die Früchte) wachsen direkt am Stamm des Baumes.
- Elsbeere (Sorbus torminalis): Ein wertvoller einheimischer Baum, welcher nur noch vereinzelt in unseren Wäldern vorkommt, jedoch ein super Klimabaum darstellt.
- Feld-Ahorn (Acer campestre): Einheimisches Gehölz, welches auch hervorragend als kleiner Hausbaum eingesetzt werden kann.
Im Faltblatt zum Klimabaumpfad sind alle Bäume des Klimabaumpfades mit kurzer Beschreibung aufgelistet. Der Auswahl dieser Bäume liegt die sogenannte KLimaArtenMatrix-Liste für Stadtbaumarten (abgekürzt: KLAM-Stadt) zugrunde.
Des Weiteren merkte Herr Jablonski an, dass bei der Gehölzvielfalt auch die Nadelbäume nicht vergessen werden dürfen. Mit ihrem (meist) immergrünen Laub bieten diese auch im Winter Unterschlupf und Schutz für Vögel und andere Tiere. Des Weiteren filtern ihre Nadeln das ganze Jahr über Staub und Schadstoffe aus der Luft und produzieren Sauerstoff. Auch die Holzkonstruktion ist auf Nadelholz angewiesen.
Wichtig ist, dass Nadelholz – wie z.B. Douglasie, Lebensbaum, Lärche und Kiefer – nicht in Monokulturen angepflanzt werden, sondern gemischt mit Laubbäumen.
Weitere Informationen zum Klimabaumpfad
Das Arboretum in Ettelbrück ist frei zugänglich und kann jederzeit besichtigt werden.
Auf www.lta.lu/klimabaumpfad, finden Sie alle weiteren Informationen zum Klimabaumpfad.
Auf www.naturelo.meco.lu, unter „Gréngs a Stied an Dierfer“ finden Sie nebst der Aufnahme des Webinars „BÄUME IM SIEDLUNGSRAUM – Klimaangepasste Artenauswahl und nachhaltige Gestaltung des Wurzelraums“, auch eine Gehölz-Liste für den Siedlungsraum, welche der Mouvement Ecologique im Rahmen des Naturpaktes aufgestellt hat.
27.06.22