Landesplanung – Urbanismus
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Wéi soll eist Land an 20 Joër ausgesinn? – Déi sektoriell Pläng tëschent Zoustëmmung a Kritik

“Sektoriell Pläng tëschent Zoustëmmung a Kritik”: Ein Rundtischgespräch mit überraschenden Aussagen

Rezent organisierte der Mouvement Ecologique im “Oekozenter Pafendall” ein Rundtischgespräch mit den Ministern Maggy Nagel (Wohnungsbau), François Bausch (Nachhaltige Entwicklung und Infrastrukturen) und Dan Kersch (Innenminister) sowie Emile Eicher (Präsident des Syvicol).

“Nichts ist definitiv, alles ist noch offen – zahlreiche Verbesserungsvorschläge werden aufgegriffen”: so könnte man das Fazit des Abends zusammen fassen, der einen lebendigen Austausch auch mit den vielen interressierten Zuhörern ermöglichte. Ein Bericht aus der Sicht des Mouvement Ecologique.

Um es von vornherein klarzustellen: niemand stellt die Notwendigkeit, über sektorielle Pläne unser Land besser zu planen und eine mittelfristige Planungssicherheit zu geben, in Frage. Dies gilt auch für den Mouvement Ecologique, der sich in einer detaillierten Stellungnahme für eine kurzfristige Überarbeitung der sektoriellen Pläne unter Einbeziehung der Vorschläge der BürgerInnen und der Gemeinden aussprach, u.a. was den sektoriellen Plan Wohnungsbau anbelangt. Da das Landesplanungsgesetz punktuell abgeändert werden muss, stellen sich im Übrigen eine Reihe rechtlicher Fragen über die Gültigkeit der aktuellen Prozedur.

Die diesbezüglichen Aussagen der Regierungsvertreter im Rahmen des Rundtischgesprächs waren eindeutig: die Regierung wird die Einsprüche ernst nehmen und ist bereit, die sektoriellen Pläne auch einer grundsätzlichen (!) Überarbeitung zu unterziehen. Dabei hat sie die Absicht – so die Aussagen – die Vorgaben für die Gemeinden weitaus flexibler zu gestalten und weniger “von oben herab” zu regeln, womit sie den Syvivol-Forderungen auch entgegen kommt.

Im Laufe des Abends wurde deutlich, dass vielen Änderungswünschen des Mouvement Ecologique – wie auch der Gemeinden – Rechnung getragen werden soll.

Thematisiert wurde, dass zu rigide Vorgaben betreffend die Wachstumsvorgaben staatlicherseits kontraproduktiv seien. Sicherlich obliege dem Staat die Verantwortung für eine kohärente Planung zu sorgen, diese müsste jedoch mit den Gemeinden einer Region besprochen und gemeinsam konkretisiert werden.

Nachhaltigkeitsminister François Bausch führte in diesem Zusammenhang an, bei der Festlegung von zusätzlichen Wachstumszielen für die prioritären Gemeinden, wäre den bereits heute verfügbaren neuen Flächen innerhalb der bestehenden PAGS nicht berücksichtigt worden. Somit wären die Vorgaben nicht unbedingt ausreichend an die unterschiedlichen Realitäten in den Gemeinden angepasst. Der Mouvement Ecologique begrüßte ausdrücklich, dass hier ein Umdenken möglich zu sein scheint.

Der Mouvement Ecologique hatte zudem bekanntlich in Frage gestellt, dass anstatt der 16 im Programm der Landesplanung festgelegten “zentralen Orte” (centres d’attraction et de développement) nunmehr 43 (!) Gemeinden als “communes prioritaires” mit einem obligatorischen Wachstumspotential von 20% gelten sollen. Für François Bausch ist ein verstärktes Bevölkerungswachstum a priori kein Problem, wenn es landesplanerischen Vorgaben entspricht. Ob man denn ein städtisches Ambiente in 43 Gemeinden schaffen könnte, wurde jedoch im Saal stark bezweifelt.

Konsens bestand darin, dass die regionale Dimension und die Kooperation mit den Gemeinden verstärkt werden müssten. Statt zu rigider Vorgaben vom oben sollte man – immer noch im Respekt der landesplanerischen Ziele – mit Gemeinden gemeinsam planen, und wenn möglich innerhalb einer Region.

Die sog. “projet d’envergure” werden, was ihre Anzahl und ihre Standorte anbelangt, grundsätzlich vom Mouvement Ecologique aber auch von einer Reihe von betroffenen Gemeinden in Frage gestellt. Nicht zuletzt auch, da eine Priorität auf die Innenentwicklung der Ortschaften gelegt werden soll. Die “projets d’envergure” werden – so die 3 Regierungsvertreter (!) und vor allem auch Wohnungsbauminister M. Nagel – nicht gegen den Willen einer Gemeinde durchgesetzt.  “Vergiesst di emplacement vun de projets d’envergure, wann eng Gemeng se net well”: so die diesbezügliche Aussage des Nachhaltigkeitsministers…

Thematisiert wurden ebenfalls die urbanen Entwicklungsprojekte wie z.B. Nei Schmelz (Düdelingen), Mersch-Gare, Industriebrache Wiltz. Da diese sowohl Entwicklungspotential im Sinne der Regionalentwicklung als auch neuen Wohnraum bieten, wäre es sinnvoll, so der Mouvement Ecologique, sie im sektoriellen Plan Wohnungsbau einzubeziehen.

Baudichten, die den Gemeinden gemäß sektoriellem Plan Wohnungsbau vorgeschrieben werden sollten, sollen des Weiteren – so ebenfalls die Aussagen der Regierungsvertreter im Rahmen des Rundtischgesprächs – nicht in der ursprünglich vorgesehenen Rigidität festgehalten werden. Diese Regelung des sektoriellen Planes wird abgeändert ! Alles in allem soll dem Prinzip der “autonomie communale”, so Innenminister D. Kersch – im Rahmen der jedoch notwendigen landesplanerischen Vorgaben, verstärkt Rechnung getragen werden.

Eine weitere Kritik des Mouvement Ecologique war, dass der sektorielle Plan keine Instrumente zur Mobilisierung vom bestehenden Bauland innerhalb der Bauperimeter definiert. Sie sei aber, so Minister Dan Kersch, eine Priorität dieser Regierung. Allerdings verfüge man derzeit noch nicht über angepasste gesetzliche Instrumente; die Taxierung unbebauten Baulandes sei rechtlich umstritten. Man müsse über geeignete Instrumente nachdenken.

Demnächst werde sic him übrigen eine Luxemburger Delegation in der Schweiz nach dem Modell der Baulandverträge erkundigen. Dieses sieht Bedingungen vor (z.B. Wohnungsbau innerhalb einer bestimmten Zeitspanne) als Voraussetzung für die Ausweisung von neuem Bauland.

Sowohl Syvicol-Präsident E. Eicher wie auch Innenminister D. Kersch gaben Aufschluss über die derzeit laufenden Vorarbeiten zur Reform der Gemeindefinanzen. Diese soll im Laufe der aktuellen Legislaturperiode effektiv erfolgen. Seitens des Innenministers wurde übrigens betont, dass die Rolle der Gemeinden im konkreten Naturschutz unabdingbar sei. U.a. würde außerdem derzeit daran gedacht, eine Planmehrwertsteuer einzuführen. D.h. würde « Grünzone » in Bauland umklassiert und ein Gebiet demnach aufgrund kommunaler Planungen an Wert gewinnen, sollten Besitzer eine Gebühr erstatten müssen. Ob und wie dies erfolgen könnte, würde untersucht.

Wenn die Regierung dann auch nun bereit ist sowohl die Wachstumsvorgaben zu relativieren, die geplanten “projets d’envergure” zu hinterfragen, die rigiden Vorgaben zur Bebauungsdichte vorzugeben …und eine reellere Landesplanung – in einem Miteinander von “oben” und “unten” zu gewährleisten, so müsste eigentlich der Weg für eine konstruktive Landesplanung eingeschlagen sein… Man darf hier nur hoffen!

Fazit: Mit der Vorlage der sektoriellen Pläne – im Besonderen im Bereich “Wohnungsbau” – wurde zum ersten Mal in der rezenten Geschichte erreicht, dass Gemeinden, Interessengruppen und BürgerInnen endlich die Landesplanung zu einem politischen Diskussionsthema machten. Dies allein dürfte schon den Einsatz wert gewesen sein. Wenn zusätzlich jetzt noch die angesprochenen Abänderungen erfolgen und ggf. die abgeänderten Pläne noch einmal einer Prozedur unterbreitet werden, dann wäre der Anspruch “Eist Land besser plangen” in etwa erreicht worden.

Nur: die Frage des Wachstumszwanges und u.a. der Abhängigkeit unseres Sozialsystems von einem starken wirtschaftlichen und demographischen Wachstums wurde bis dato nur unzureichend gestellt…

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