Energie – Klimaschutz
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Unterstützung für Erdgas, Atomkraft und Mammutprojekte – Ist das die Energieunion, die Europa braucht?

Am Montag, dem 8. Juni, war der für die “Energieunion” zuständige EU-Vizepräsident Maroš Šefčovič in Luxemburg. Zusammen mit Wirtschaftsminister Etienne Schneider wollte er Auskunft geben über dieses Projekt,  eine der 10 Prioritäten der Kommission unter Präsident J.-Cl. Juncker.  In einem „Bürgerdialog“ – der leider seitens des EU-Vertreters über weite Strecken ein Monolog war – stellten sich beide den Fragen des Publikums in der Abtei Neumünster, wobei es im Kern darum ging, wie die EU es schaffen will, eine „krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsfähigen Klimaschutzstrategie“ zu verknüpfen. Aus Luxemburger Sicht dabei spannend: die Analyse der nationalen Klima- und Energiestrategie durch die EU kann nur als „Datz“ bezeichnet werden.

Einen Tag, nachdem die größten Industrienationen der Welt (G7) den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter bis Ende dieses Jahrhundert ankündigt haben, war Skepsis und Unverständnis bei der von der EU anvisierten Energieunion durchaus angebracht. Denn die Kommission Juncker will im Wesentlichen an einer auf Gas, Erdöl und Kohle basierten Energiepolitik festhalten. Staatliche Subventionen für die Atomenergie sollen weiter möglich sein, gleichzeitig kommt die Förderung der erneuerbaren Energien immer noch zu kurz. Für die EU-Kommission scheint vor allem wichtig, dass die Gaslieferungen nach Europa gesichert werden. Die wesentlichen Herausforderungen, nämlich Klimaschutz, Ressourcenverbrauch und Energiearmut, bleiben dabei auf der Strecke.

Zumindest bei den beiden ersten Punkten, Klimaschutz und Ressourcenverbrauch, spricht die EU dabei auch Luxemburg ein dickes „Ungenügend“ aus. Im nationalen Bericht zur Vorbereitung der Energieunion wird u. a. darauf hingewiesen, dass unser Land sein Treibhausgas-Reduktionsziel für 2020 (-20% im Vergleich zu 2005) nicht nur weit verfehlen wird, sondern dass die klimaschädlichen Emissionen voraussichtlich sogar noch steigen werden. Als Schuldige macht die EU-Kommission vor allem die niedrigen Steuern auf Benzin und Diesel sowie die steuerliche Begünstigung der Leasingautos aus. Beides führe nicht nur zu dichten Staus, sondern auch zu großen Schäden für Umwelt und Mensch.

Auch die aktuelle Förderung der Erneuerbaren Energien – seit Jahren ein Zankapfel der nationalen Politik –  sei absolut unzureichend, um das 2020er Ziel (11% des nationalen Energieverbrauchs) zu erreichen.  Dabei führe die aktuelle Energiepolitik zu einer immer grösser werdenden Abhängigkeit von Erdölimporten, mit einem gleichzeitigen Aderlass der heimischen Wirtschaftskraft.

Was die Energiearmut anbelangt, so kritisiert die EU, dass dieses Problem bisher nicht wirklich von staatlicher Seite thematisiert wurde und z.B. eine Definition, ab wann ein Haushalt in Luxemburg von Energiearmut betroffen sei, immer noch fehle.

Aber die EU-Kommission kann wahrlich nicht behaupten, durch die angestrebte Energieunion zu einem leuchtenden Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu werden.

Denn durch das entsprechende Strategiepapier1 könnte vieles noch schlimmer kommen: Im Bereich Forschung, Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit wird die besondere Relevanz von CO2-Abscheidung (CCS) und Atomkraft genannt. Mit dieser antiquierten Forschungsagenda wird weiterhin auf Großprojekte und fossile Energieträger gesetzt. Nötig wäre dagegen, dass dezentrale und auf erneuerbaren Energien basierte Energiesysteme im Mittelpunkt der Forschung stünden.

Wirklich sinnvoll und hilfreich wäre ein klares Bekenntnis der EU zu den erneuerbaren Energien als wesentliche Energiequellen gewesen. Nur mit ihnen kann langfristig, kostengünstig und klimaschonend die Unabhängigkeit und damit die Energiesicherheit Europas garantiert werden. Immerhin wird betont, dass Energieeffizienz eine wesentliche Rolle in der Energiestrategie spielen muss, und dass z.B. im Gebäude- und Transportsektor erheblicher Handlungsbedarf besteht. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen – wenn denn den Worten auch kurzfristig Taten folgen!

Alles in allem bleibt aber ein fader Nachgeschmack: Denn durch die Fokussierung der Energieunion auf die Sicherstellung der fossilen Energieströme verkommt sie zu einer reinen Gas-Union, in der die Mitgliedstaaten der EU zusammenhalten sollen, um sich gegen den „Rest der Welt“ durchzusetzen. Sollten EU-Parlament und Mitgliedsstaaten diese Strategie akzeptieren, vergäbe die EU ihre Chance zu einer wirklichen Vision einer nachhaltigen, EU-weiten Energiewende.

Was auch ein fatales Signal für den nächsten Klimagipfel in Paris wäre. Und für die zukünftige Klima- und Energiepolitik unseres Landes sicherlich auch!

 

1PAKET ZUR ENERGIEUNION – MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK. Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie; 25.02.2015

 

Kontakt:

Paul Polfer/Mouvement Ecologique  – paul.polfer@oeko.lu – Tel. 439030-26

Martina Holbach/Greenpeace Luxembourg – martina.holbach@greenpeace.org – Tel. 621 23 33 62 / 54 62 52 24